von Eva Dorothée Schmid
Seit 55 Jahren spielen Berliner Studenten Heiligabend den Weihnachtsmann. Dabei erleben sie manch Kurioses
Die kleine Louise schloss sich während des Weihnachtsmann-Besuchs im Badezimmer ein. Da blieb dem studentischen Weihnachtsmann nichts anderes übrig, als mit den Eltern Champagner zu schlürfen.
Für manche Studenten ist der Weihnachtsmann-Job eine gute Ausrede, um dem Heiligabend-Streit zu Hause zu entgehen. Und lukrativ ist er dazu. Rund 300 Euro verdienen die Studenten am 24. Dezember. Allerdings kann nicht jeder einfach so Weihnachtsmann werden. Erst muss er ein Casting bestehen, dann eine zweistündige Schulung absolvieren und bei der obligatorischen Weihnachtsmänner-Vollversammlung wird sein Kostüm kontrolliert, ob es den strengen Anforderungen genügt. Kaufen muss er es selbst.
Angefangen hat alles 1949, als Heinzelmännchen, die Arbeitsvermittlung des Studentenwerks, einige Studenten als Weihnachtsmänner zu amerikanischen Soldaten und wohlhabenden Zehlendorfer Familien schickte. Mittlerweile kommen rund 450 Weihnachtsmänner Heiligabend zu über 5 000 Berliner Familien. Generationen von Studenten haben diesen Job gemacht und dabei einiges erlebt.
Manche Gören haben nicht mal vor dem Weihnachtsmann Respekt. Marcelo Yanez berichtet, dass er bei seiner Tour durch Neukölln per Schneeball vom Fahrrad geschossen wurde. Kleine türkische Jungs spielten Mudschaheddin. Da bedauerte er, dass Weihnachtsmänner seit 1968 keine Ruten mehr dabeihaben. "Hey, Weihnachtsmann gib Geschenke oder isch mach dich Schneemann, Alter", rief einer der Bengel. Mit Bonbons konnten sie besänftigt werden. Die aber gab es erst, nachdem die kleinen Angreifer "Oh Tannenbaum" gesungen hatten. Nicht nur Kinder sind unberechenbar, manchmal auch deren Mütter. Angeblich ist bei allein erziehenden Müttern längeres Bleiben angesagt. Das erzählen jedenfalls einige der männlichen Studenten.
Weihnachtsmann Marcelo hat die Erfahrung gemacht, dass Kinder von Prominenten nicht unbedingt reich beschenkt werden. Er war von einer prominenten Berliner Persönlichkeit, er nennt sie Disko Ede, als Weihnachtsmann gebucht. In einem feinen Hotel erwartete ihn die Gemeinschaft der Ex-Frauen von Disko Ede, fünf Blondinen von 25 bis 40 samt zwölf Kindern. Der Vater selbst war nicht anwesend, der Geschenkesack seltsam leicht. Für die Kinder gab es nur jeweils einen kleinen Schokoladennikolaus vom Hotel.
Es ist nicht klar, woher der Weihnachtsmann kommt. Ob aus Kleinasien oder vom Nordpol, deutsch ist er auf jeden Fall nicht. Nichtsdestotrotz wollen manche Familien unbedingt einen weißen Weihnachtsmann. Als Alexander Falkner eine Kundin in Wedding anrief, um die Bescherung zu besprechen, fragte diese: "Sind Sie ein Neger oder so was?" Sie berichtete, dass im Vorjahr ein schwarzer Nikolaus gekommen sei, dessen Kauderwelsch Sohn Dennis kaum verstehen konnte. Ihr Mann habe sich darüber so aufgeregt, dass er die ganze Nacht gesoffen habe. Welch ein Glück, dass Alexander Falkner in Frankfurt geboren und weißer Hautfarbe ist. Bei der Bescherung dann das Desaster: "Du bist gar nicht der Weihnachtsmann", sagte Dennis, "du bist kein Neger. Der Weihnachtsmann ist ein Neger!" Die Mutter verabschiedete den weißen Weihnachtsmann dann mit den Worten: "Schade, dass du kein Neger bist. Dann kommt eben nächstes Jahr wieder der echte Weihnachtsmann."
*Der Titel wurde von Bois-Caiman geändert
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