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LUMUMBA oder der SIEG der BESIEGTEN – Lumumbas Abschiedsschreiben an seine Frau, Pauline

LUMUMBA oder der SIEG der BESIEGTEN – Lumumbas Abschiedsschreiben an seine Frau, Pauline


von Jean-Baptiste Pente 


Patrice Emery Lumumba, dessen letzten Brief an seine Frau wir aus dem Französischen ins Deutsche übertragen werden, ist eines der Widerstandssymbole Afrikas gegen die europäische koloniale Barbarei. Lumumba wurde am 16. Januar 1961 in Elisabethville (ehemals Belgisch-Kongo) ein paar Monate nach seiner Ernennung zum Ministerpräsidenten seines Landes ermordet. Dieser Mord trägt die Handschrift Belgiens, USA durch die CIA, Frankreich und der UNO, die – wie auch noch heute – nicht akzeptieren konnten, dass die Völker Kongos und Afrikas frei über ihre Bodenressourcen und ihr Schicksal verfügen dürfen.

„Lumumbas offene und aufrichtige Forderung nach ökonomischer Unabhängigkeit, sozialer Gerechtigkeit und politischer Selbstbestimmung und seine Feindschaft gegenüber einer politischen Ordnung, die auf ethnischen Spaltungen basiert - welche die Kolonialherren effektiv genutzt hatten, um Afrika zu teilen und zu beherrschen - besiegelten sein Schicksal. Als das Land auch nach der Unabhängigkeit weiterhin von belgischen Bergbaukreisen beherrscht wurde und belgische Truppen in deren Interesse wiederholt intervenierten, drohte Lumumba schließlich damit, als letzte Möglichkeit um sowjetische Unterstützung zu bitten. Dies gab Washington den Vorwand, sich zum Zweck seiner Eliminierung mit der alten Kolonialmacht zusammenzutun...(...).. Den Anhängern der kongolesischen Befreiung sollte nicht einmal ein Leichnam gelassen werden, um den sie sich hätten sammeln können; daher wurde der Befehl erteilt, jede physische Spur der Existenz Lumumbas auszulöschen. Die Soldaten machen sich mit Äxten, Sägen, Säure und Feuer - und einer großen Menge Whisky, um ihre Sinne zu betäuben - an die grässliche Arbeit.“ (Bill Van)

[ "Den Anhängern der kongolesischen Befreiung sollte nicht einmal ein Leichnam gelassen werden, um den sie sich hätten sammeln können; daher wurde der Befehl erteilt, jede physische Spur der Existenz Lumumbas auszulöschen. Die Soldaten machen sich mit Äxten, Sägen, Säure und Feuer - und einer großen Menge Whisky, um ihre Sinne zu betäuben - an die grässliche Arbeit." ]

Lumumba wußte, dass er sein Leben aufs Spiel setzt, wenn er sich offen für die Würde Seinergleichen einsetzt. Diese Kenntnis hatte ihn dennoch nie daran gehindert, stets als Antwalt der geknechten Afrikaner aufzutreten.
Das politische Testament und sein Adieu in seinem letzten Brief, den er im Gefängnis in Dezember 1960 an seine Frau geschrieben hatte, verrät vieles über diesen Humanisten, der über sein individuelles irdisches Leben transzendiert hatte, die Würde Afrikas als das höchste Gut betrachtete, seinen Kindern und seiner Frau seine ewige Liebe und Zuversicht bekundete. Sein Mut, seine Entschlossenheit, seine Liebe für Gerechtigkeit und die feige Ermordung dieses großen Mannes sind Gründe genug, um Afrikas Schicksal nicht weiter den eurozentristischen „Hyänen“ und deren „Schwarze Gouverneure“ (missbräuchlich als afrikanische Staatschefs benannt) sowie deren Verbündeten zu überlassen. Das letzte Schreiben Lumumbas an seine Frau, Pauline:



Meine herzliche Liebe,

ich weiß nicht, ob dieses Schreiben bei dir ankommen wird. Und wenn überhaupt, weiß ich dann auch nicht, ob bei dessen Antreffen ich noch am Leben sein werde.

Seit ich für die Unabhängigkeit meines Landes kämpfe, habe ich nie eine Sekunde an dem Triumph dieser heiligen Aufgabe, worauf meine Weggefährten und ich uns unser ganzes Leben konzentriert hatten, gezweifelt. Was wir für unser Land wollen, nämlich, sein Recht auf eine respektable Existenz, sein Recht auf eine unantastbare Würde, sein Recht auf seine Unabhängigkeit ohne Auflagen, hat der belgische Kolonialismus mit Hilfe der westlichen Alliierten nie gewollt. Dies ist erst möglich gewesen aufgrund einer vorsätzlichen direkten und indirekten Unterstützung einiger hochrangiger Funktionäre der UNO, einer Organisation, der wir blindhaft vertraut hatten als wir sie um Assistenz gebeten hatten. Sie haben einige Landeskinder korrumpiert. Diese tragen heute dazu bei, falsche Informationen zu vertreiben, unsere Realität zu deformieren, um unsere Unabhängigkeit zu sabotieren.

Was könnte ich dir noch zusätzlich erzählen ?

Ob lebend, tot, frei oder im Gefängnis im Auftrag des Kolonialisten, mache ich mir keine Sorge um meine Person, denn sie ist nebensächlich. Was zählt, ist der Kongo, unser armes Volk, dessen Unabhängigkeit in einen Käfig verwandelt wurde, wo sie von außen mal mit einem heuchlerischen Mitleid oder mal mit einer zynischen Begeisterung und Leidenschaft betrachtet wird. Trotz alledem bleibt mein Glaube an Afrika unerschütterlich. Im tiefen meines Inneren empfinde ich und weiss ich, dass mein Volk früher oder später sich aller seiner endogenen und exogenen Feinde erledigen wird. Dass dieses Volk mit einer Stimme aufstehen wird, um dem unverschämten und dekadenten Kapitalismus eine Absage zu erteilen, um seine Würde unter der wahren Sonne unseres Mutterkontinents zurückzuerobern.

Wir sind in diesem Kampf nicht allein ! Afrika, Asien und andere freie und befreite Völker aus allen Ecken des Globus werden immer auf der Seite der Millionen Kongolesen sein, die den Kampf erst am Tag, an dem keine Kolonisatoren und deren Söldner sich in unserem Land aufhalten, aufgeben werden. An meine Kinder, die ich zurücklasse und vielleicht nie mehr sehen werde, sage ich, dass die Zukunft des Kongos schön ist ! Diese Zukunft des Kongos erwartet von ihnen – wie von jedem Kongolesen – die Vollendung der heiligen Aufgabe, nämlich die Rekonstruktion unserer Unabhängigkeit und Souveränität, denn ohne Würde gibt es keine Freiheit, ohne Würde gibt es keine Gerechtigkeit und ohne Unabhängigkeit gibt es keine freie Menschen.

Weder Brutalität, Misshandlungen noch Tortur haben mich jemals dazu geführt, meine Peiniger um Barmherzigkeit anzuflehen , denn ich würde lieber hochgehobenen Hauptes, mit meinem unerschütterlichen Glauben an mein Land und dem tiefen Vertrauen zu ihm sterben, als in einem Zustand der Unterwürfigkeit und der Verachtung unserer heiligen Prinzipien zu leben. Die Geschichte wird eines Tages ein besonderes Wort zu melden haben, diese Geschichte wird aber die Geschichte des Kongos sein und nicht die in Bruxelles, Washington, Paris oder bei der UNO gelehrt wird. Diese Geschichte wird auch jene sein, die man in den vom Kolonialismus und dessen Hampelmänner befreiten Ländern gelehrt werden wird. Afrika wird seine eigene Geschichte schreiben, die vom Norden bis zum Süden des Sahara eine Geschichte der Glorie und der Würde sein wird.

Meine herzliche Liebe, beweine mich nicht ! Ich weiß, dass mein Land, das soviel Entwürdigendes zu ertragen hat, mit aller Entschlossenheit wissen wird, wie es seine Unabhängigkeit und Freiheit zu erkämpfen hat.


Es lebe den Kongo ! Es lebe Afrika !


Patrice Lumumba



05.07.06