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Der Schwarze Kanal: Verratener Botschafter

Der Schwarze Kanal: Verratener Botschafter

von Werner Pirker

Die Ankündigung des simbabwischen Oppositionsführers Morgan Tsvangirai, nicht an der Stichwahl um die Präsidentschaft teilzunehmen, hat in der Redaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung für Verärgerung gesorgt. Denn ohne machtbewußte Opposition läßt sich kein Regimewechsel durchführen. Dieser war als massenhaftes Aufbegehren gegen Wahlfälschungen vorgesehen. FAZ-Redakteur Thomas Scheen hatte sich das so schön vorgestellt: Einen in Mord- und Totschlag eskalierenden Wahlgang. Ein gefälschtes Wahlergebnis. »Eine gefälschte Wahl«, schreibt er, »hätte vor allem den Nachbarstaaten den künftigen Umgang mit Mugabe leichter gemacht, weil sie ihn aufgrund der mutmaßlichen Fälschung politisch hätten isolieren können.« Wenn auch nur ein Bruchteil davon wahr wäre, was über Mugabe schon alles geschrieben wurde, dann bedürfte es erst gar nicht des Anlasses einer »mutmaßlichen Wahlfälschung«, um dem FAZ-Szenario die moralische Legitimation zu besorgen.

Scheen vermerkt eine zunehmende Bereitschaft der afrikanischen Staaten, sich der westlichen Blockadepolitik gegenüber Simbabwe anzuschließen. Doch wie sollten diese, fragt er, das Mugabe-Regime zu Kompromissen anhalten, wenn die Opposition schon vorher klein beigibt? In seinem Ingrimm kommt der FAZ-Kommentator gleich zur Sache: »Sollte der Rückzug Tsvangirais ernst gemeint sein und nicht nur ein taktisches Manöver, wird er sich auch gegenüber seinen ausländischen Geldgebern erklären müssen, die ihm den Wahlkampf im ersten Durchgang Ende März finanziert haben, namentlich Amerika und Großbritannien«. Präziser läßt sich das Wesen des Konflikts zwischen Simbabwe und dem Westen, namentlich Amerika und Großbritannien, kaum darstellen. Warum Robert Mugabe allen im Namen der Menschenrechte erteilten westlichen Anordnungen zuwiderhandelt und weshalb der Westen das Mugabe-Regime unter allen Umständen beseitigen will.

Was Scheen uns sagen will, ist, daß Simbabwes nationale Befreiungsbewegung auch als Regierungspartei gegenüber imperialistischen Einflüsterungen »beratungsresistent« geblieben und daß die Opposition in Opposition zur Unabhängigkeit steht, wofür sie sich auch bezahlen läßt. »Als Tsvangirai nach Südafrika floh«, plaudert der FAZ-Mann aus der Schule der Geheimdiplomatie, »soll der amerikanische Botschafter in Harare ihn nach längerer Abwesenheit nach Simbabwe zurückbeordert haben, damit er Wahlkampf mache. Derselbe Botschafter hatte Ende vergangener Woche eine Absage der Stichwahl zugunsten der Bildung einer Regierung der nationalen Einheit rundweg abgelehnt und die Stichwahl zur Überlebensfrage des Landes erklärt. Nun hat ihn ausgerechnet sein Schutzbefohlener in Stich gelassen.«

Nicht der Botschafter hat den Schutzbefohlenen in Stich gelassen, sondern der Schutzbefohlene den Botschafter. Das erschwert natürlich die Aufgabe des Botschafters, die simbabwische Opposition zum Sieg zu führen, das heißt, vom heimlichen Oppositionsführer zum heimlichen Regierungschef zu werden. Sich an einer Regierung der nationalen Einheit zu beteiligen, hat der Botschafter rundweg abgelehnt.

Für den FAZ-Kommentator ist eine Regierung der nationalen Einheit ohnedies nur ein südafrikanisches Hirngespinst. Und sie wäre, sollte sie doch in Erwägung gezogen werden, für ihn auch nicht hinnehmbar. Da denkt er ganz wie der US-Botschafter. Weil es hinsichtlich der alles entscheidenden Landfrage zwischen Mugabes ZANU-PF und der Opposition keinen programmatischen Kompromiß geben könne. Gelange die Opposition an die Macht, schreibt er, »würden weiße Farmer ihre enteigneten Ländereien entweder zurückbekommen oder aber die Chance erhalten, langfristige Pachtverträge mit der Regierung abzuschließen. In jedem Fall würden sie zurückkehren – Mugabe würde das niemals zulassen.« Genau darin besteht der Grund, warum die USA und Großbritannien in Simbabwe eine Opposi­tion aufgestellt haben, die ihre Aufgabe nicht in der Teilnahme an einem demokratischen Prozeß der Wählbarkeit und Abwählbarkeit sieht, sondern in der Zerschlagung der nationalen Befreiungsbewegung und der Rücknahme der antikolonialen Umwälzung. Und das ist auch der Grund, weshalb die Unabhängigkeitskräfte ihren Gegnern keine Fairneß zukommen lassen wollen.

28.06.08