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Côte d`Ivoire: Feuer frei für Blauhelme

Côte d`Ivoire: Feuer frei für Blauhelme

von Gerd Schumann


Die UNO ist seit Montag nacht Kriegspartei in Côte d’Ivoire. An der Seite der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich griffen zunächst Kampfhubschrauber der über 10000 Mann starken Blauhelmtruppe UNOCI Sitz und Residenz des amtierenden Präsidenten Laurent Gbagbo sowie Armeestützpunkte an. Dabei soll es »viele Tote« gegeben haben. Am Dienstag dann unterstützten die ausländischen Soldaten auch am Boden die Rebellentruppen (FRCI) von Alassane Ouattara, des häufig als »rechtmäßigen Präsidenten« bezeichneten Gbagbo-Konkurrenten.

Schnellfeuergewehr im Anschlag: UN-Blauhelmsoldat in der Nacht zum Dienstag in Abidjan
Den Angreifern gelang es zunächst auch am sechsten Tag des Sturms auf Abidjan nicht, die Handelsmetropole am Golf von Guinea einzunehmen. Vor allem im Süden der Stadt war Gefechtslärm zu hören. Das Schicksal Gbagbos war bis jW-Redaktionsschluß offen. Wie es seitens der UNO hieß, habe er sich zuletzt in einem Bunker seiner Residenz aufgehalten. Das Gebäude sei von Rebellen eingenommen worden. Der langjährige ivorische Präsident und Gründer der der Sozialistischen Internationale angehörenden Partei FPI (Ivorische Volksfront) verhandelte laut der französischen Nachrichtenagentur AFP über »seinen Abgang«, derweil Frankreichs Außenminister Alain Juppé bemerkte, er sei jederzeit »über die Gespräche auf dem laufenden«.

Bereits Mitte vergangener Woche hatten die Rebellen erklärt, daß sie sich Gbagbo »holen werden«. Ouattara ließ am Montag abend verlauten, daß sein Rivale nach dessen »zu erwartender« Gefangennahme unmittelbar dem Internationalen Strafgerichtshof überstellt werden würde. Gbagbos Sprecher Ahoua Don Mello erklärte, daß dieser »die Tür für Verhandlungen« niemals geschlossen habe. Unterdessen kündigten dpa zufolge die auf seiten Gbagbos stehenden Oberkommandierenden von Armee, Polizei und Republikanischer Garde einen »Waffenstillstand« an. Die Soldaten sollten sich den UN-Truppen ergeben und ihnen ihre Waffen übergeben.

Während UN-Generalsekretär Ban Ki Moon das militärische Eingreifen seiner Blauhelme mit dem »Schutz der Zivilbevölkerung« begründete, wuchs die internationale Kritik daran. Teodoro Obiang Nguema, derzeit Chef der Afrikanischen Union und Präsident von Äquatorial-Guinea, verurteilte die ausländische Einflußnahme in Côte d’Ivoire – ebenso wie die in Libyen. »Afrika muß seine Probleme selbst lösen«, so Nguema am Dienstag. Die AU dränge Gbagbo weiter zum Rücktritt, aber nicht mit Waffen oder gar »Intervention einer ausländischen Armee«. Rußlands Außenminister Sergej Lawrow bemerkte, daß die UN-Truppen »zur Neutralität verpflichtet« seien. Moskau habe um eine entsprechende Auskunft beim Sicherheitsrat ersucht, aber noch keine »konkreten Antworten« erhalten.

Unterdessen wuchs die Angst der in Abidjan verbliebenen Menschen weiter. Befürchtet wurden Übergriffe von Soldaten und neue Massaker. Während des Vormarschs von Ouattaras FRCI waren verschiedenen Angaben zufolge bis zu tausend Menschen in der Stadt Duékoué getötet worden. Die Kinderhilfsorganisation UNICEF rief am Dienstag zu einem Ende der Gewalt auf. Die »humanitäre Situation« verschlechtere sich Tag für Tag. »Hunderttausende Menschen sind inzwischen auf der Flucht vor den Kämpfen im Land – zwei Drittel davon sind Kinder und Frauen«.

06.04.2011

Quelle