von Stephen Gowans
Seitdem Veteranen des Guerillakrieges, die gegen das Apartheidsystem Rhodesiens gekämpft hatten, im März 2000 gewaltsam die Farmen weißer Siedler besetzten, wurde Simbabwes Präsident Robert Mugabe von westlichen Politikern, Medien und Menschenrechtsorganisationen verteufelt. Rechtsgerichtete Quellen machen ihn für zahlreiche Verbrechen verantwortlich: Menschenrechtsverletzungen, Wahlmanipulation, Unterdrückung politischer Gegner, Korruption und wirtschaftliches Mißmanagement. Linke Kritiker behaupten, Mugabe bediene sich einer linken Rhetorik, handle aber rechts, und seine antiimperialistische Rhetorik sei reine Demagogie.
Hinter der Verteufelung Mugabes steckt der Wunsch der westlichen Mächte, die von Mugabes Regierung verfolgte Wirtschaftspolitik und das Programm der Landumverteilung zu beenden. Mugabes Abweichungen von demokratischer Rechtschaffenheit spielten für sich genommen für die Entscheidungsträger in Washington und London kaum je eine Rolle. Das eigentliche Ziel ist der Regimewechsel und daß Mugabe durch jemanden ersetzt werden soll, der sich verläßlich für westliche Interessen und vor allem britische Investitionen in Simbabwe einsetzt.
[ Kostgänger des Westens: Morgan Tsvangirai, Anführer der »Bewegung für demokratischen Wandel« (MDC) in Simbabwe Foto: AP ]
Es soll hier auch dargelegt werden, daß die Einschränkungen formaler Bürgerrechte (einschließlich des Versammlungsrechts und der Freiheit, ins Ausland reisen zu dürfen) durch die Regierung der ZANU-PF (Zimbabwe African National Union – Patriotic Front; dt. Afrikanische Nationalunion von Simbabwe – Patriotische Front) gerechtfertigt sind, um das politische Programm der gewählten Regierung vor feindlicher Einmischung von außen zu schützen. Durch meine Argumentation wird die weitverbreitete und oftmals ungeprüfte Meinung angegriffen, die zivilen Bürgerrechte seien ein höheres Gut im Verhältnis zu allen anderen Rechten, einschließlich der Rechte auf ökonomische Souveränität und Freiheit von Unterdrückung und Ausbeutung.
Befreiung und Landreform
Bis 1980 war Simbabwe eine von Weißen beherrschte britische Kolonie, die nach dem britischen Finanzier Cecil Rhodes benannt war. Sein Unternehmen, die British South Africa Company, hatte in den 1890er Jahren Land von den eingeborenen Völkern der Matabele und Mashona geraubt. Britische Soldaten, die das Land im Auftrag von Rhodes mit Gewalt genommen hatten, wurden reich belohnt und erhielten pro Kopf Land von neun Quadratmeilen Größe zugesprochen. Die Matabele und Mashona, also all jene, die bei der Inbesitznahme des Landes durch die Briten nicht umgebracht worden waren, erhielten eine andere Art von »Belohnung«: Sie wurden enteignet, einer erdrückenden Armut, großem Elend und einem Leben in Knechtung ausgesetzt. Am Ende des 19. Jahrhunderts gehörten in einem Land mit 13 Millionen Bewohnern fast 70 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche etwa 4500 zumeist weißen Farmern.
Nach einem langen nationalen Befreiungskampf wurde 1979 über die Unabhängigkeit des Landes verhandelt.1 Diese Gespräche wären fast an der Landfrage gescheitert, aber Washington und London waren an einem positiven Abschluß der Gespräche interessiert und erklärten sich bereit, ein umfangreiches Landreformprogramm zu finanzieren. Diese Zusage war aber nur von kurzer Dauer. Die britische Regierung fand einen Weg, sich aus ihrer Verpflichtung herauszuwinden und den Marsch Simbabwes auf das durch den nationalen Befreiungskampf angestrebte Hauptziel zu blockieren.
George Shires Großvater Mhepo Mavakire hatte Land in Rhodesien bestellt, bevor es nach dem Zweiten Weltkrieg einem Weißen übereignet wurde. In einem Bericht in The Guardian vom 24. Januar 2005 wendet Shire ein, daß »die ungleiche Verteilung des Landes einer der Hauptfaktoren war, von dem der Befreiungskrieg gegen die weiße Herrschaft inspiriert wurde und der seitdem einer der Ausgangspunkte für eine breite und kontinuierliche Agitation war«.
»Die Regierung«, so wird Shire weiter in The Guardian zitiert, »kämpfte darum, ein gegenseitiges Einvernehmen bei der Landverteilung zu erreichen«, aber mit unzureichenden Geldmitteln ausgestattet und ohne zufriedenstellende Hilfe aus London machte die Landreform kaum Fortschritte. Enttäuscht davon und unter Druck von den Kriegsveteranen, die es müde waren, noch länger auf die Landreform zu warten, für die sie gekämpft hatten, schlug Mugabe einen Kurs ein, mit dem er auf eine direkte Kollision mit westlichen Regierungen zusteuerte. Er ließ Gesetze verabschieden, mit denen die Regierung in den Stand versetzt wurde, fast 1 500 Farmen von weißen Simbabwern zu beschlagnahmen, ohne ihnen dafür einen Ausgleich zahlen zu müssen. Wie es Dr. Stan Mudenge, Simbabwes Außenminister von 1995 bis 2005, auf der vom 18. bis 22. April 2004 in Harare unter dem Motto »Der Kampf geht weiter« abgehaltenen Konferenz gesagt hat, »brach mit dieser Maßnahme die Hölle los«. Mugabe, der damals freie und gerechte Wahlen abgehalten und gewonnen hatte, wurde von da an auf internationaler Ebene zu einem Geächteten. Über Nacht wurde aus ihm ein »Diktator« gemacht, der angeblich Wahlen manipuliert und das Volk betrügt.
Verstimmt über das beschleunigte Programm zur Landreform und irritiert von anderen wirtschaftlichen Entscheidungen der Mugabe-Regierung, beschloß die Europäische Union (EU), daß Mugabe zu gehen habe und daß er dazu von der »Zivilgesellschaft«, der Gewerkschaftsbewegung, Nichtregierungsorganisationen (NGO), Aufruhr in den Straßen oder durch einen Militärputsch gezwungen werden müsse. Am 24. Januar 1999 wurde eine Konferenz im Londoner Royal Institute of International Affairs abgehalten, um das weitere Vorgehen der EU zu beschließen. Das Motto der von Richard Dowden, dem heutigen Direktor der proimperialistischen Royal African Society, geleiteten Tagung war: »Simbabwe – Zeit für Mugabe zu gehen?« Mugabes »Konfiszierung« der von Weißen gehaltenen Großfarmen war ein unausgesprochenes Ja als Antwort auf die vom Konferenzthema gestellte rhetorische Frage. Dowden präsentierte den Teilnehmern vier Optionen:
1. Militärputsch,
2. Kauf der Opposition,
3. Insurrektion und
4. Untergrabung von Mugabes Partei ZANU-PF.
Ein paar Monate später schaltete sich Washington ein. Das US-Außenministerium hielt ein Seminar ab, in dem eine Strategie diskutiert wurde, wie mit der »Simbabwe-Krise« umzugehen sei. Die »Zivilgesellschaft« und die Opposition sollten gestärkt werden, um Unzufriedenheit und Dissens zu schüren. Die Opposition sollte unter einem Banner vereinheitlicht werden, um ihre Chancen auf einen Wahlsieg zu erhöhen, und die finanzielle Unterstützung der Opposition sollte über Kanäle der vom Westen gesteuerten NGO abgewickelt werden. Dissidentengruppen sollten gestärkt und zu Demonstrationen ermutigt werden.
Der »Milosevic-Plan«
Das vom US-Außenministerium verordnete Programm, mit dem Mugabe und seine Landreform aus Simbabwe entfernt werden sollten, wurde bereits erfolgreich eingesetzt, um Jugoslawiens Präsidenten Slobodan Milosevic im Jahr 2000 auszubooten. Basis des Programms war eine Kampagne aus Luftbombardements, militärischer Bedrohung und dem Verhängen von Sanktionen. Mit dieser Kampagne sollte die Zivilbevölkerung unter Druck gesetzt werden, um sie zur Auflehnung gegen ihre Regierung zu bewegen, die angeblich allein die Schuld trug an der Misere. (Bei der Durchführung dieser Strategie in Simbabwe sollte die erhoffte Reaktion sein: »Wenn Mugabe nicht den Westen gegen uns aufgebracht hätte, ginge es uns nicht so schlecht.«)
Michael Short, General der US-Luftwaffe, erläuterte das Vorgehen des Westens, als er am 26. Mai 1999 in der kanadischen Tageszeitung Globe and Mail zitiert wurde, die 1999 gegen Jugoslawien gerichtete NATO-Bombenkampagne habe dem Zweck gedient, Unzufriedenheit mit Milosevic zu erzeugen. »Wer am Morgen erwacht«, erklärte Short, »und keinen Strom mehr in seinem Haus hat und kein Gas mehr für seinen Herd, und wenn die Brücke, über die er fahren will, zerstört ist und für die nächsten 20 Jahre in der Donau liegen wird, der wird fragen: ›He, Slobo, warum das alles? Was werden wir noch alles aushalten müssen?‹«
Parallel zum Druck von außen sollten die politische Opposition und die Basisbewegungen dazu gebracht werden, die Abwendung der Bevölkerung von der Milosevic-Regierung straff zu organisieren und in eine Richtung zu kanalisieren, die die Regierung zum Rücktritt zwingt. Die westlichen Mächte erzeugen nach diesem Plan zuerst das Leiden und pflanzen dann eine »fünfte Kolonne« aus »demokratischen« Aktivisten und einer »demokratischen« Opposition ein, um die Absetzung der amtierenden Regierung als Medizin zur Linderung des Leids anzubieten. Am Ende ist es die Bevölkerung selbst, die sich diese Medizin verabreicht. Weil dieses Muster des »Milosevic-Plans« üblicherweise gegen die Köpfe revolutionärer Gesellschaften eingesetzt wird – auch wenn die Revolution schon einige Zeit zurückliegen mag –, kann die Opposition in diesen Fällen als eine konterrevolutionäre Avantgarde angesehen werden.
[ Die Landfrage gestellt: Kriegsveteranen blockieren eine Farm weißer Siedler im Bezirk Centenary, 150 Kilometer nördlich von Harare (29.3.2000 Foto: AP ]
Die Avantgarde verfügt über zwei Komponenten: einerseits eine formale politische Opposition, deren Aufgabe darin besteht, sich an Wahlen zu beteiligen und laut »Schiebung« zu rufen, wenn sie diese nicht gewinnt, andererseits eine Untergrundbewegung, die den Auftrag hat, außerparlamentarische Agitation durchzuführen und auf den Straßen sorgfältig geplante »spontane« Revolten zu initiieren, in denen der Vorwurf angeblicher Wahlmanipulationen als Vorwand für diese Politik des Aufruhrs herhalten muß.
In Jugoslawien wurde die als »Otpor« (dt. Widerstand) bekannt gewordene Untergrundbewegung von folgenden Kräften gegründet, finanziert, organisiert und trainiert: dem US-Außenministerium, der United States Agency for International Development (USAID; Behörde der Vereinigten Staaten für internationale Entwicklung), der vom US-Kongreß gegründeten Stiftung National Endowment for Democracy (NED; Nationale Stiftung für Demokratie), der man nachsagt, daß sie öffentlich für das eintritt, was die CIA im Verborgenen macht. Außerdem wurde die serbische Oppositionsbewegung durch verschiedene NGO unterstützt, darunter Freedom House, zu deren Vorstand eine illustre Ansammlung von Aktivisten der herrschenden Klasse der USA gehört: Donald Rumsfeld, Paul Wolfowitz, Otto Reich, Jeane Kirkpatrick, Zbigniew Brzezinski und Steve Forbes.
Otpor wurde zu einer Inspiration für vergleichbare Gruppierungen in anderen Ländern: Zubr (Wisent) in Belarus, Kmara (Genug!) in Georgien und Pora (Es ist Zeit!) in der Ukraine. Otpors Entsprechung in Simbabwe ist Zvakwana (oder Sokwanele, wie die Gruppe auf Ndebele heißt; Genug ist genug) (2), »eine Untergrundbewegung, die darauf abzielt [die Mugabe-Regierung] zu (...) unterminieren«, und deren »Mitglieder sich auf anonyme Akte zivilen Ungehorsams spezialisiert« haben, wie die New York Times am 28. März 2005 unter der Überschrift »Basisbewegung will Mugabe in Simbabwe kippen« schrieb. Laut Los Angeles Times vom 8. Juli 2005 wird diese Bewegung großzügig aus westlichen Quellen finanziert. Während Otpor weitgehend aus jungen Leuten bestand, die sich an anarchistische Theorien anlehnten, ist nach Informationen der Los Angeles Times wenigstens ein Mitglied von Sokwanele »ein konservativer weißer Geschäftsmann, der seine Leidenschaft für Freiheit, Tradition, politische Manieren und das britische Königshaus zum Ausdruck bringt«.
»Demokratische Opposition«
Die Mitglieder von Zvakwana/Sokwanele gaben laut New York Times vom 27. März 2005 an, ihre Bewegung sei hausgemacht und frei von ausländischer Einflußnahme. Es mag ja sein, daß die Bewegung in Simbabwe entstanden ist und daß ihre Funktionäre ernsthaft glauben, den eigenen Kurs zu bestimmen, aber die Gruppierung ist ganz sicher nicht frei von finanzieller Unterstützung aus dem Ausland. Das im Dezember 2001 von US-Präsident George W. Bush unterzeichnete Gesetz »US Zimbabwe Democracy and Economic Recovery Act« ermächtigt den Präsidenten auf der Basis des »US Foreign Assistance Act« von 1961 »zur Unterstützung demokratischer Institutionen, der freien Presse und unabhängiger Medien« in Simbabwe. Es ist zu bezweifeln, daß Zvakwana nicht in den Genuß der Freigiebigkeit Washingtons gekommen ist.
Zvakwana leugnet zwar die ausländische Einflußnahme, verschweigt aber nicht die finanzielle Unterstützung aus dem Ausland. Bewegungen, politische Parteien und Medien haben auch andernorts wissentlich die finanzielle Unterstützung von westlichen Regierungen, ihren Agenturen und proimperialistischer Stiftungen akzeptiert, während sie gleichzeitig ihre völlige Unabhängigkeit proklamierten. (3) Mitglieder dieser Gruppierungen mögen wirklich davon überzeugt sein, daß sie von den Zielen ihrer Unterstützer nicht beeinflußt werden – und im Westen sind oft dieselben Gruppen, die vorgeben, sich nicht für eine Seite zu entscheiden, die bevorzugten Empfänger des Mammons –, aber Selbsttäuschung ist eine heimtückische Sache; den Verlockungen großer Geldmengen ist schwer zu widerstehen.
Zweifellos ist die Bewegung Zvakwana finanziell gut ausgestattet. Ihre Aktivisten verteilen massenhaft schrille Anstecker und Kondome, die das »Z« aus dem Logo der Bewegung ziert, Telefonkarten, Audiokassetten und Samentütchen mit aufgedruckten Anti-Mugabe-Parolen. Solches Werbematerial ist nicht billig. Ihre Funktionäre werden laut New York Times vom 27. März 2005 mit Videofilmen »über Widerstandsbewegungen in Polen, Chile, Indien und Serbien« geschult, »und sie studieren das taktische Vorgehen der Bürgerrechtsbewegung von Nashville«. Das alles übersteigt bei weitem die Möglichkeiten von Basisorganisationen, die gezwungen sind, sich selbst zu finanzieren, und die auch in den wohlhabenden westlichen Ländern oft genug ihr Geld mühsam zusammenkratzen müssen.
Wenn die Zvakwana-Bewegung auch ihre Verbindungen zu offiziellen US-Stellen leugnet, so sind andere Anti-Mugabe-Apparate mit der Preisgabe ihrer westlichen Förderer weniger zurückhaltend. Studio 7, ein gegen die ZANU-PF gerichtetes Radioprogramm, übernimmt Beiträge des US-Senders Voice of America, dem man nicht gerade nachsagen kann, unabhängig zu sein und keine Propaganda für die weltweiten Ziele des US-Kapitals zu machen. Das Radioprogramm des Senders SW Radio Africa, der selbsternannten »unabhängigen Stimme Simbabwes«, wird auf der Kurzwellenfrequenz vom Boden der britischen Insel ausgestrahlt. Die Radiomacher mögen sich unabhängig nennen, aber sie sind so unabhängig wie das britische Außenministerium, das – wie zu vermuten ist – laut Globe and Mail vom 26. März 2005 einer der Hauptförderer der »internationalen prodemokratischen Gruppen« ist, die die Kasse von SW Radio Africa mit den Mitteln füllen, die es diesem Sender erlauben, sein Programm zu machen. Die Website des Senders bekundet eine Vorliebe für die Position des britischen Premierministers Anthony Blair gegenüber Simbabwe, die mehr oder weniger der der formalen politischen Opposition in Simbabwe entspricht, die wiederum mehr oder weniger der Position der ausländischen Investoren, Banken und Aktionäre entspricht. Daß dieses Radioprogramm aus Studios in London gesendet wird, sollte alle Zweifel beseitigen, wer hinter den »internationalen prodemokratischen Gruppen« steckt, die dafür gesorgt haben, daß SW Radio Africa auf Sendung gehen konnte. Insbesondere angesichts der Tatsache, daß die Macher den Eindruck vermitteln, wenn es nach ihnen ginge, würden sie nicht nur dem scharfen Vorgehen der Mugabe-Regierung gegen die ausländische Einmischung in die inneren Angelegenheiten Simbabwes ein Ende machen, sondern überdies für das Gedeihen einer freundlichen Politik gegenüber den Profiten und Interessen der ausländischen Eigentümer und Investoren sorgen.
Gegen Ende März 2007 schrieb mir Richard vom SW Radio Africa eine E-Mail und wollte von mir wissen, ob mich die Mugabe-Regierung angeheuert habe, einen Artikel zu schreiben, der unter dem Titel »Was passiert wirklich in Simbabwe?« auf der Website des Counterpunch-Magazins veröffentlicht worden war. (4)
Er schrieb: »Stephen, schwören Sie (Hand aufs Herz), daß Sie vom Informationsministerium Simbabwes (oder einer anderen Institution in seinem Auftrag) kein Geld dafür erhalten haben, diesen Artikel zu schreiben? Die Rhetorik kommt einem so schrecklich bekannt vor. – Richard«
Meine Antwort: »Richard, Ihrer E-Mail-Adresse konnte ich entnehmen, daß Sie für das im Vereinigten Königreich angesiedelte SW Radio Africa arbeiten, das die Sendung ›Studio 7‹, das Programm der von der US-Regierung gegründeten Stimme Amerikas für Simbabwe, ausstrahlt. Ich erhalte weder Geld noch Unterstützung oder Hilfe – nicht einmal Massagen für meinen geplagten Rücken – von irgend jemand in Simbabwe, von der Regierung Simbabwes oder von einem ihrer Bevollmächtigten oder Repräsentanten. Nun, schwören Sie (Hand aufs Herz), daß Sie weder von der US- oder britischen Regierung noch vom US-Ministerium für Wahrheit, also der Stimme Amerikas (oder einer anderen Institution in deren Auftrag), Geld erhalten? Ihre Rhetorik kommt mir so schrecklich bekannt vor. – Steve«
In seiner Antwort beteuerte Richard: »Wir sind wirklich völlig unabhängig, werden nur von einer Reihe von Gruppierungen unterstützt, die für Demokratie und freie Meinungsäußerung eintreten.« Aber er konnte mir nicht erklären, wie SW Radio Africa »völlig unabhängig« sein kann, wenn es gleichzeitig von seinen Sponsoren abhängig ist. Als ich ihn nach den Sponsoren des Senders befragte, wollte er sie mir nicht nennen.
Ziel (noch) nicht erreicht
Die weiter oben angeführte erste wichtige Komponente der konterrevolutionären Avantgarde ist die formale politische Opposition. Sie besteht aus einer einzigen Partei, die in sich alle oppositionellen Parteien unter einem Banner vereinigt, um die Stärke der gegen die Regierung arbeitenden politischen Opposition zu bündeln und zu diesem Zweck die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, daß diese Kräfte bei den Wahlen ein respektables Ergebnis erzielen. Die Opposition muß sich in dem Ziel vereinen, die Regierung abzusetzen. Um ihre moralische Bedeutung zu unterstreichen, muß ihr Name das Wort »Demokratie« beinhalten. In Serbien vereinigte sich die Anti-Milosevic-Opposition unter dem Banner »Demokratische Opposition Serbiens«. In Simbabwe gab sich die Opposition den Namen »Bewegung für Demokratischen Wandel« (Movement for Democratic Change; MDC). Das dient zusätzlich der Funktion, damit gleichzeitig das demokratische Engagement der Regierung in Frage zu stellen. Wenn die Opposition »demokratisch« ist, wofür steht dann die Regierung? Klare Antwort: sie ist »undemokratisch«.
Integraler Bestandteil des Vorgehens nach dem Muster des »Milosevic-Plans« ist der Vorwurf, die Regierung begehe Wahlbetrug, um damit den Übergang von einer Politik der Wahlbeteiligung zu einer des Aufruhrs rechtfertigen zu können. Die Beschuldigungen müssen mit jedem Tag, den die Wahlen näherrücken, an Schärfe zunehmen, bis sie allein durch ihre schiere Wiederholung zu einer unbestreitbaren Wahrheit geworden sind. Egal was dann passiert, die Opposition wird es immer für ihre Zwecke nutzen. Verliert sie die Wahlen, wird das Wahlergebnis einfach als unrechtmäßig gewertet, man hat ja schon immer davor gewarnt und es vorausgesagt. Damit ist das Signal gegeben, daß Massen von Demonstranten auf die Straße gehen und die Regierung zum Rücktritt auffordern. Gewinnt die Opposition aber die Wahlen, läßt man die Vorwürfe einfach fallen.
Die USA, die EU und internationale Menschenrechtsorganisationen warfen der Mugabe-Regierung vor, sie hätte die letzte Wahl in Simbabwe zu ihrem eigenen Vorteil manipuliert. Als Beweis dafür wurde angeführt, der Staat kontrolliere die staatseigenen Medien, das Militär, die Polizei und die Wahlmechanismen. Da es eine unbestreitbare Tatsache ist, daß die Regierungen aller Länder das Militär, die Polizei und die Wahlmechanismen und die staatseigenen Medien (sofern vorhanden) kontrollieren, impliziert das, daß die Wahlen in allen Ländern zum Vorteil der Regierungspartei manipuliert werden. Was für ein offenkundig absurder Standpunkt!
Mit dem Vorgehen nach dem Muster des »Milosevic-Plans« konnte das für Simbabwe gewünschte Endziel nicht erreicht werden. Einer der Gründe dafür ist, daß die politische Opposition ihre Pläne nicht konsequent durchzog. Sie hat dabei versagt, ihren »Plan B« in die Tat umzusetzen. Die Los Angeles Times vom 8. Juli 2005 umschrieb diesen Plan B folgendermaßen: »Insider fragen, was aus dem ›Plan B‹ der Opposition geworden ist, den man einen Tag nach den März-Wahlen (2005) umsetzen wollte. Der Plan sah vor, daß (der MDC-Anführer Morgan) Tsvangirai vor Massen jubelnder Anhänger, die man zu einer spontanen Siegesfeier auf die Straße schicken wollte, einen überzeugenden Sieg verkünden sollte. Der dahinterstehende Gedanke war, daß in Anwesenheit von Beobachtern aus benachbarten afrikanischen Ländern und internationalen Medienvertretern Mugabes Sicherheitskräfte zögern würden, gewaltsam vorzugehen.« (Man beachte den Hinweis auf die geplante »spontane« Siegesfeier!) Aber dieser Plan B kam nicht zur Ausführung, vielleicht weil Tsvangirai die vereinigte MDC nicht länger unter Kontrolle hat und er mit Arthur Mutambara, einem in Oxford ausgebildeten Ingenieur für Robotertechnik, der als Unternehmensberater arbeitet, um die Führung der Opposition wetteifert.
Aus der Perspektive der Planer im US-Außenministerium, die den »Milosevic-Plan« entwickelt hatten, zeigte sich das Problem der Abnutzungserscheinung: Wenn man eine bestimmte Taktik zu oft anwendet, ist das nächste Opfer klüger als die vorherigen und weiß, was man mit ihm vorhat. Es kann folglich Gegenmaßnahmen entwickeln, um den Angriff zu stoppen. Mit den Erfolgen in Jugoslawien, Georgien und der Ukraine sowie dem bisherigen Mißerfolg in Belarus war das Überraschungsmoment verpufft, und die Absichten der US-Regierung lagen so deutlich auf der Hand, daß diese Methode kontraproduktiv wurde. Das Ziel des »Milosevic-Plans« ist laut New York Times vom 4. Dezember 2005 also derart offensichtlich geworden, daß Vertreter der US-Regierung eher überrascht reagieren, wenn die Staatsführer, die sie als nächste für einen Regimewechsel ins Visier nehmen, das hinnehmen.
(1) 1979 wurde die Londoner »Rhodesienkonferenz« mit einer im »Lancaster-House-Abkommen« festgelegten Vereinbarung über die Zukunft der britischen Kolonie abgehalten (Anm. d. Übers.).
(2) Zvakwana! – Genug ist genug! – lautet auch das Motto des Movement for Democratic Change, der stärksten Gruppierung der Opposition im Lande (Anm. d. Übers.).
(3) Vgl. Frances Stonor Saunders, The Cultural Cold War: The CIA and the World of Arts and Letters, New Press, April 2000; und The Economics and Politics or the World Social Forum, Aspects of India's Economy, Nr. 35, September 2003,
(4) »What's Really Going On in Zimbabwe? Mugabe gets the Milosevic Treatment«, Counterpunch.com, March 23, 2007, counterpunch.org/gowans03232007.html
Aus dem Englischen von Jürgen Heiser
*Stephen Gowans ist Journalist aus Ottawa/Kanada. Der Originaltext erschien am 31. März 2007 unter dem Titel: Zimbabwe’s Lonely Fight for Justice
Die Übersetzung erfolgt in 2 Teilen
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen