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AfrikanerIn sein in Österreich - Von der Perfidität und verdächtigen Blicken der Gesellschaft bis zur permanenten Rechtfertigungspflicht


von Kamden Mou Poh à Hom

Die täglichen Herausforderungen für Afrikanerinnen und Afrikaner in Österreich sind enorm und beziehen sich auf soziostrukturelle Aspekte der verschiedenen bürokratischen Apparate, die Gesetzeslage, die fremdbestimmte, eurozentristische Wahrnehmung des u.a. „bösen“, „armen“ und „geschichtslosen“ afrikanischen Kontinentes, und letztendlich auf die Bilder, die die weiße, österreichische Bevölkerung von Afrikanerinnen und Afrikanern hat.

In der afrikanischen Gemeinschaft in Österreich stellt man sich schon jahrelang Fragen, auf die niemand eine Antwort weiß. Es handelt sich nicht um Detailfragen, auf deren Antwort man verzichten kann oder will. Was alltäglich passiert ? die Art und Weise wie wir dargestellt werden, die offensive Diskriminierung bei der Arbeits- und Wohnungssuche, am Arbeitsplatz, in der Schule, im gesamten Bildungsbereich und im öffentlichem Raum, im Sprachgebrauch (Bezeichnungen reichen vom „N.Wort“, „Bimbo“ bis „SchwarzafrikanerIn“ ? mit dem Zusatz: nicht bös gemeint!) um nur einige Beispiele zu nennen ? legt manchmal den Gedanken nahe, dass es sich um einen Komplott gegen jeden Einzelnen von uns handelt. Das mag paranoid klingen, aber die Erfahrungen, die wir hier durchmachen, belehren uns nicht eines Besseren. Die einzige Antwort, die wir oft erhalten, ist die, dass wir aufhören sollen uns zu beschweren und zu empfindlich zu sein (was aber sicherlich nicht der Fall ist).

Doch kommen wir zu den „ganz normalen“ Fakten

Die „geschichtslose“ Vorstellung, die in der österreichischen Gesellschaft über Afrika und die AfrikanerInnen vorherrscht, steht auch in einem größeren historischen Zusammenhang. Es ist ein sehr undifferenziertes, grobes, ignorantes Bild, das oft auch berechnenden Zielen dient, die in der öffentlichen Auseinandersetzung nicht zur Sprache kommen.

Nicht nur, dass Migranten- und Migrantinnengemeinschaften in Österreich keinen ernstzunehmenden, selbst bestimmten Platz in der Gesellschaftsdebatte im positiven Sinne einnehmen. Innerhalb der Hierarchisierung von MigrantInnen in „bessere“ und „schlechtere“ stehen Afrikaner und Afrikanerinnen ganz unten und werden als politische AkteurInnen gar nicht erwähnt. Ganz anders ist das natürlich, wenn es sich um ein negatives Beispiel handelt.

Dazu gab es in den letzten Jahren selbst bis in die Mainstreammedien vorgedrungene eindeutige Fälle von systematischer Diskriminierung gegen AfrikanerInnen in der österreichischen Gesellschaft. In einer Gesellschaft, die wir für demokratisch halten und wo man davon ausgehen können sollte, dass die Justiz gerecht und kompetent urteilt.

Schon in den österreichischen Institutionen ist strukturelle Gewalt gegen Migranten und Migrantinnen und vor allem gegen die Afrikaner und Afrikanerinnen verankert. Die Rücksichtslosigkeit und Brutalität der Behörden, sowie die Kriminalisierung unserer Existenz sind für uns Afrikaner und Afrikanerinnen in Österreich ganz normal geworden. Wenn unglücklicherweise ein Afrikaner oder eine Afrikanerin in ein kriminelles Delikt verwickelt ist, dann leidet die ganze afrikanische Gemeinschaft darunter, denn die Presse, Politiker und die Bevölkerung gehen dann auf die ganze Gemeinschaft los, als wollte man uns durch diese Verallgemeinerung jedes Mal sagen, dass wir uns im „falschen Land“ befinden und dass wir selbst das eigentliche Problem sind.

Systematische Diskriminierung

Markus Omofuma und Seibane Wague sind beide Opfer der systematischen Kriminalisierung, der Gewalt und Rücksichtslosigkeit von Seiten des STAATES. Aber man muss wissen, dass diese Gewalt, diese Brutalität und Kriminalisierung mehr schlecht als recht den staatlichen und institutionellen Rassismus verdecken. Das wird auch sichtbar im Verhalten der österreichischen Medien, wo sich JournalistInnen oft nicht durch eine Unvoreingenommenheit auszeichnen, die normalerweise angebracht wäre, nämlich nur das zu berichten, was sich wirklich zugetragen hat, Bericht zu erstatten. Die Achse Medien/Politik/Polizei funktioniert gut und man kann feststellen, dass sich seit Jahren nichts geändert hat und es immer wieder zu tödlichen Übergriffen kommt. Dieses Phänomen ruft in den Afrikanischen Gemeinschaften in Österreich eine latente Angst gegenüber der Polizei hervor. Die Medien werden als verlängerter Arm der Polizei und der Politik betrachtet . Die Medien machen im Allgemeinen ihre Arbeit nicht so, wie sie sollten. Hier findet man die eingangs erwähnte eurozentristische Fremdwahrnehmung des afrikanischen Kontinentes und die altbekannten Bilder über AfrikanerInnen wieder: z.B. primitiv, wild und agressiv. Zudem werden oft falsche Berichte gedruckt, voll mit Vorurteilen und Stereotypen, was dann eine negative Reaktion innerhalb der Bevölkerung zur Folge hat. Das Verhalten der österreichischen Medien lässt sich gut mit „blaming the victim“ beschreiben, denn es wurden genügend Ausflüchte gefunden, um Markus Omofuma oder Seibane Wague die Schuld zuzuschieben. Es war also wahrscheinlich ihre eigene Schuld, dass sie sich in Österreich aufhielten. Man beschuldigt sie, zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen zu sein. Sie sind also gestorben, weil sie zu aggressiv waren, Pech hatten, denn die PolizistInnen und ÄrztInnen haben ja „vorschriftsmäßig“ ihre Arbeit getan.

Aus diesem Grund können Leute wie Helene Partik-Pablé, österreichische Parlamentsabgeordnete, höchst rassistische Reden halten und mit dem Finger auf die Afrikaner und Afrikanerinnen zeigen, ohne dass sich groß jemand darüber aufregt oder ein Ausbildner der Wiener Polizei kann seinen SchülerInnen sagen: „Bevor sie einen Afrikaner oder eine Afrikanerin kontrollieren, schlagen sie ihn oder sie zuerst“. Niemand oder nur wenige stellen sich die Frage, wie man den steigenden Rassismus gegenüber AfrikanerInnen bekämpfen kann. Ganz im Gegenteil dient er in Österreich mittlerweile schon zu einem leicht auszuschlachtenden Politikum, indem sich AfrikanerInnen als Sündenböcke, die unter einem permanenter Rechtfertigungspflicht stehen, wieder finden.

Jedenfalls spielt dieser Tatbestand eine wichtige Rolle im Verhalten der afrikanischen Gemeinschaft in Österreich. Die bestehende Situation kann das Image der AfrikanerInnen nur verschlechtern, umso mehr wenn jene, die die Bevölkerung eigentlich schützen sollten, die gleichen sind wie jene, die Diskriminierung und Rassismus zulassen und tolerieren oder oft sogar selbst die Schuldigen sind oder die Augen verschließen, statt zu handeln.

[ Bund der Verbrecher, die Afrika zerstören -
Das System u.a. :
LA FRANCAFRIQUE ]

Jahrhunderte lange, rassistische Unterdrückung des Kontinents und seiner Diaspora

Die Afrikaner und Afrikanerinnen, die in Österreich leben sind unter a
nderem Opfer der Misswirtschaft, der Korruption und der Diktaturen in ihren Ländern. Viele emigrieren aus diesen Gründen. Die sogenannte „Unabhängigkeit“ Anfang der 60-er Jahre hat nur einem umso härteren Neo-Kolonialismus Platz gemacht und zwar unter dem Deckmantel dessen, was man pompöserweise Entwicklungshilfe nennt (in Wahrheit ist es eine Hilfe zur Unterentwicklung) .
Der Neo-Kolonialismus hat uns gezeigt, und jeder weiß das -, dass sich Afrika so nicht entwickeln kann. Auf Kosten von Menschenleben machen westliche Regierungen und multinationale Konzerne profitträchtige Geschäfte mit menschenverachtenden Regimen in Afrika, wie uns das folgende Beispiel drastisch vor Augen führt: Trotz des Krieges und dem Genozid im Sudan, betreibt die ÖMV weiterhin Handel mit dem Regime in Khartum und beutet die Rohölquellen im Süden des Sudans aus.

[ Französische Armee in der "Elfenbeinküste" gehen gegen
die "Jeunes Patriotes" vor
]

Alles hat mit dem „PUTSCH“ begonnen, ausgeführt von den katholischen und protestantischen Missionaren vor ein paar hundert Jahren, dann kam die Sklaverei, danach die Kolonialisierung, dann die große Lüge der Unabhängigkeit und schließlich die Hilfe zur Unterentwicklung . Solange die Auswirkungen der jahrhunderte langen rassistischen Unterdrückung des Kontinents und seiner Diaspora nicht beseitigt werden, kann keine ernstzunehmende Grundlage für eine konstruktive Kooperation und ein respektvolles, gleichberechtigtes Miteinander zwischen Europa einerseits und Afrika und seiner Diaspora andererseits geschaffen werden.

Aus all dem geht klar hervor, dass wir eine enorme politische Arbeit leisten müssen, sofern wir Afrikanerinnen und Afrikaner uns hier ein Leben aufbauen wollen.


*Der Autor lebt und arbeitet seit 1995 in Graz. Seit 1997 Obmann von SOS -Struggles of Students/Austria gründete 2002 das „Afrikazentrum Chiala Afriqas“ am Griesplatz 13, Verein zur Förderung der Afrikanischen Kunst, Gesellschaft und Literatur, dessen Leiter er ist. KAMDEM Mou Poh à Hom ist weiters seit 2003 Vorsitzender des MigrantInnenbeirates der Stadt Graz.