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HOMMAGE: Lebenslang ein Unbequemer-Zum Tod des engagierten Schriftstellers Mongo Beti

Lebenslang ein Unbequemer-Zum Tod des engagierten Schriftstellers Mongo Beti

von Dr. Heinz Hug

Am 8. Oktober 2001 starb einer der brillantesten und engagiertesten Schriftsteller Afrikas: Mongo Beti eigentlich Alexandre Biyidi (Foto). Der aus Kamerun stammende Autor hatte sein ganzes Leben der Befreiung Afrikas gewidmet. Heinz Hug, Professor am Institut für Angewandte Linguistik und Kulturwissenschaften an der Zürcher Hochschule in Winterthur (Schweiz) erinnerte sich.

Die afrikanische Literatur hat einen der zornigsten Kritiker von Kolonialismus und Neokolonialismus verloren. Ohne daß die Agenturen davon berichtet hätten, ist letzten Montag der 1932 in Kamerun geborene Alexandre Biyidi-Awala gestorben, dessen Werke hauptsächlich unter dem Namen Mongo Beti erschienen.

Mongo Betis Zorn verwickelte ihn in häufige Kontroversen. Von der Missionsschule wurde er relegiert, weil ihm die Religion nicht so viel bedeutete, wie die Missionare dies gewünscht hätten. Zweimal geriet er in schwerwiegende Konflikte mit dem französischen Staat: 1956 wurde sein Roman "Der arme Christ von Bomba" auf Betreiben der Kirche verboten, und das Gleiche widerfuhr 1972 dem Essay "Main basse sur le Cameroun - Autopsie d'une décolonisation". Die französischen Behörden wollten ihm gar die Staatsbürgerschaft aberkennen und die Lehrtätigkeit am Lycée Corneille in Rouen verunmöglichen. 1991 kehrte Mongo Beti nach einem 32 jährigen Exil nach Kamerun zurück, vom Publikum als Gewissen der Nation herzlich empfangen, von der Regierung dagegen mit Hilfe ihrer Presse als "französischer Tourist und armseliger Schreiberling" verunglimpft.

Mit dieser Reaktion bestätigte die Regierung nur, was Beti sein Leben lang allen Regierenden vorgeworfen hatte, zuerst der kolonialen Administration und später den postkolonialen Herrschern: Machtmissbrauch, Unfähigkeit, Egoismus. Er bediente sich dabei ausschliesslich des Wortes, aber verschiedener Genres: Romane, Essays und Aufsätze. Letztere publizierte er hauptsächlich in seiner 1978 gegründeten Zeitschrift "Peuples Noirs - Peuples Africains".

Dass sich Beti als Journalist und als Schriftsteller äusserte, trug
wohl dazu bei, dass seine Romane sich, bis auf wenige Ausnahmen, nicht zu politischen Pamphleten verdünnten. Als er nach einer langen Pause 1972 wieder zu veröffentlichen begann, bildeten politische Säuberungen in Kamerun den Anlass. Auf "Main basse sur le Cameroun" folgten sechs Romane, von denen zwei um den legendären Widerstandskämpfer Ruben um Nyobé kreisen, den die Franzosen 1958 in einem Hinterhalt erschossen hatten. Sie sind weitgehend Fiktionalisierungen seiner Ideen, von Ereignissen und historischen Figuren, was ihre literarische Qualität zumindest einschränkt.

Ein Roman aus dieser Schaffensphase verdient aber auch heute noch uneingeschränkte Beachtung: "Perpétue und die Gewöhnung ans Unglück" (in der deutschen Übersetzung vergriffen). Der in einem fiktiven postkolonialen Land Afrikas handelnde Roman ist eine literarisch interessante Rekonstruktion von Perpétues Schicksal, die zum Opfer einer anachronistischen Tradition, der arrangierten Heirat und gewissenloser Bürokraten wird.

Mongo Betis literarische Bedeutung gründet in den vier Romanen seiner ersten Schaffensphase. Neben "Der arme Christ von Bomba" (in einer deutschen Übersetzung zugänglich) ist "Mission terminée" (in der vergriffenen deutschen Ausgabe "Besuch in Kala") hervorzuheben. Beide Romane bestechen durch ihren Witz und die Leichtigkeit des Erzählens und zeigen einerseits die engen Verwicklungen von Mission und Kolonialismus und anderseits die Veränderungen durch die aufkommende Modernisierung Afrikas.

Obwohl Mongo Beti französische Literatur studierte, fand er seine Vorbilder anderswo. Mark Twain und Richard Wright waren für sein literarisches Selbstverständnis bedeutend. Randständigkeit, Vitalität und volkstümliche Derbheit waren ihm wichtiger als Idealisierungen; er äusserte sich kritisch über afrikanische Autoren, die ihre Werke mit Trommeln und Tanz grundierten und eine ideale Vergangenheit lobten. Mongo Beti geht es gerade darum, die Veränderbarkeit von Tradition durch von aussen kommende Einflüsse zu zeigen. Nicht eine ethnologische Sicht auf Afrika interessiert ihn, sondern eine soziale.

Nach seiner Rückkehr nach Kamerun eröffnete Mongo Beti eine Buchhandlung und begann wieder zu schreiben: "Sonne Liebe Tod" heisst der Roman, der 2000 auch in der Krimireihe "UT metro" des Unionsverlags erschien. Er zeigt ein authentisches Bild seines chaotischen Landes aus einer inneren Perspektive. Belebend wirkt Mongo Betis sarkastischer Humor, der ihn bis zu seinem Tod nicht verliess.

Quelle:
Neue Zürcher Zeitung
vom 13.10.2001