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Diktat des Nordens - Das subsaharische Afrika nach der Simbabwe-Wahl

Diktat des Nordens - Das subsaharische Afrika nach der Simbabwe-Wahl

von Gerd Schumann

Simbabwes Misere ist die Misere des subsaharischen Afrikas. Nach der Selbstbefreiung von London und dessen weißen Regime in Salisbury durch Mugabes und Nkomos Befreiungsorganisationen 1980 veränderte sich 20 Jahre lang an den Besitzverhältnissen kaum etwas. Entgegen entsprechender Zusagen der Queen und Margaret Thatchers blieben die fruchtbaren Landstriche im Besitz von etwa 4000 Großgrundbesitzern. Robert Gabriel Mugabe, der ehemalige Freiheitsheld, der zehn Jahre in den Kerkern Ihrer Majestät zugebracht hatte, stand um die Jahrtausendewende herum vor der Alternative, sich weiter endlos hinhalten zu lassen oder zur Politik der Landbesetzung überzugehen.

Er entschloß sich – nicht ganz freiwillig angesichts einer grassierenden Armut – für Variante zwei. Damit stellte er sich offen gegen den unipolar ausgerichteten Zeitgeist und setzte sich vom Diktat des Nordens ab. Ein Tabubruch mit Folgen. Der kurz zuvor noch hofierte, vom britischen Empire zum Ritter erhobene Staatsmann wurde gebannt, und sein Land aus dem Commonwealth entfernt und per Sanktionen abgestraft Daß Simbabwe zudem vom Himmel mit mehreren Dürren bestraft wurde, warf die Landbevölkerung auf subsistenzwirtschaftliche Überlebensstrategien zurück. Und ließ die entmachtete Siedlerschicht den Rassistenzeigefinger heben: Ohne weißes Knowhow ginge es eben nicht.

Im Gegensatz zu anderen aus der alten Garde der südafrikanischen Freiheitsbewegungen – Mandela/ANC, Chissano/Frelimo, Nujoma/Swapo, dos Santos/MPLA – hatte Mugabe seine Richtungsentscheidung gegen das alte Kolonialimperium getroffen. Während seine Weggefährten aus den Freiheitskämpfen die geforderten ungleichen Partnerschaften im Rahmen der globalen Herrschaft des Kapitals eingingen, war der Simbabwer ausgeschert. Er tat das, obwohl er wußte, daß MPLA und Frelimo unter Führung der legendären Agostino Neto und Samora Machel, die die Unabhängigkeit ihrer Länder fünf Jahre vor Simbabwe erkämpft hatten, für ihre antikapitalistische Politik nach 1975 abgestraft wurden: Durch Etablierung US-gestützter, apartheid-gesponserter Rebellenbewegungen. Diese machten jeglichen sozialistischen Wirtschaftsansatz in Angola und Moçambique zunichte, indem sie die Länder in Trümmerfelder verwandelten.

Den unbotmäßigen Mugabe zu isolieren, daran arbeiten seine Gegner in Washington, London und Brüssel seit 2000. Sie werden es nach den Wahlen verstärkt tun, und Thabo Mbeki wird nicht der einzige bleiben, der am Pranger landet. Daß es den Mächten des Nordens bisher nicht gelang, Mugabe im Rahmen der Afrikanischen Union (AU) und der südafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft (SADC) zu ächten, mag erstaunen angesichts der ökonomischen Abhängigkeiten. Dabei hängt die Standfestigkeit gegenüber dem drängenden Werben des Neokolonialismus sicherlich auch mit den antikolonialen Biografien der Beteiligten zusammen. Aber nicht nur. ANC, Frelimo, Swapo, MPLA wissen sehr wohl, daß jedes neues Zugeständnis lediglich alte, heute »neoliberal« genannte, Herrschaftsstrukturen reproduziert.

Gegendruck gegen das Diktat des Nordens entwickelt sich nur gemeinsam – und auch mit Blick nach Osten, mit Blick auf die G-77 plus China und Rußland. Derzeit noch zahlt die Bevölkerung aller Staaten des südlichen Afrika einen hohen Preis für die Dominanz der alten Imperien. Auf dem heutigen im ägyptischen Scharm el Scheich beginnenden AU-Gipfel wird Mugabe, der Präsident Simbabwes, überwiegend freundlich empfangen werden

30.06.08