Die Hilfsorganisation "Arche de Zoé" hat jüngst versucht 103 Waisenkinder aus der Krisenregion auszufliegen - aus humanitären Gründen wie sie sagt. Nun aber sind Zweifel aufgekommen: So glaubt etwa die Regierung Frankreichs, die Kinder seien Opfer von Menschenhändler
Als die Mitarbeiter der französischen Hilfsorganisation "Arche de Zoé" im Tschad verhaftet wurden, waren 103 Kinder in ihrer Obhut. Keines der Kleinkinder hatte einen Reisepass, Kinderausweis oder ein anderes Dokument, das die Identität beweisen konnte. Stattdessen trugen alle Kinder Plastikarmbänder mit einer Nummer. Viele von ihnen trugen Verbände. Die Kinder sind laut "Arche de Zoe" Waisen der sudanesischen Krisenprovinz Darfur und sollten über den Tschad nach Frankreich ausgeflogen und in belgischen und französischen Gastfamilien untergebracht werden. Doch weil nicht nur die Regierung des Tschad Zweifel an der Herkunft der Kinder hat, hob der Flieger mit den Kindern gar nicht erst vom Flughafen von Abeche ab.
"Vielleicht sollten sie sogar getötet und ihre Organe verkauft werden"
Stattdessen erheben neben dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (Unicef) auch die Regierungen von Frankreich sowie des Tschad schwere Vorwürfe gegen "Arche de Zoé". "Unser Eindruck ist, dass die meisten keine Waisen sind", sagte der französische Unicef-Chef Jacques Hintzy. Auch Idriss Déby, Präsident des Tschad, zweifelt an den guten Absichten der französischen Hilfsorganisation: "Ihr Ziel ist es, den Eltern die Kinder zu stehlen und an pädophile Organisationen in Europa zu verkaufen" sagte Déby in einer Stellungnahme. "Vielleicht sollten sie sogar getötet und ihre Organe verkauft werden." Die Behörden im Tschad zählen Maßnahmen auf, die die Identität der Kinder offenbar verschleiern sollten. Auch seien den Kindern offenbar Verbände angelegt worden, obwohl sie kerngesund seien.
"Wir wollten sie vor dem Tod retten"
Der französische Präsident Nicolas Sarkozy nannte nach einem Telefonat mit Déby die Aktion der französischen Hilfsorganisation als "inakzeptabel". "Wir wollten sie vor dem Tod retten", sagte die Generalsekretärin von "Arche de Zoé", Stephanie Levebvre, und widerspricht damit den Kritikern der Organisation. Ziel des geplanten Transports sei es gewesen, sie bei französischen Gastfamilien in Sicherheit zu bringen.
[ Die beschuldigten Mitarbeiter der "Arche de Zoé" - Kinderhändler, Pedophile oder gewöhnliche Kriminelle - Und die Rolle der FRANCAFRIQUE in der ganzen Tragödie ? Fakt ist, dass die französische Regierung seit Monaten über das schmutzige Geschäft informiert war und an vielen kriminellen Machenschaften in Afrika seit Jahrzehnten beteiligt ist. ]*
"Viele der Kinder weinen nachts und rufen nach ihren Eltern", sagte eine Unicef-Mitarbeiterin dem britischen Sender BBC. Nach der bisherigen Befragung der Kinder glauben die Helfer zudem, dass 48 der 103 Jungen und Mädchen aus dem Tschad und nicht aus dem Sudan stammen. Da zahlreiche Kleinkinder und auch einige Säuglinge unter den Kindern sind, dürfte in einer Reihe von Fällen die Identifizierung schwierig sein.
Mitarbeitern droht Gefängnisstrafe - So lange die wahre Herkunft der Kinder nicht feststeht, sind sie in einem Waisenhaus in Abeche im Grenzgebiet zum Sudan untergebracht, wo sie von örtlichen Hilfsorganisationen und Mitarbeitern des UN- Kinderhilfswerks Unicef betreut werden. Dort werden auch sechs Mitarbeiter von "Arche de Zoé" von der Polizei festgehalten. Ihnen droht nach den Worten des tschadischen Innenministers Ahmat Bachir eine Gefängnisstrafe.
Unicef bemüht sich nun, die Familien der Kinder ausfindig zu machen. Die Generalsekretärin von "L'Arche de Zoe", erklärte, man habe die Gastfamilien um eine Zahlung von 3.400 Dollar (2.365 Euro) gebeten, um die Kosten für den Transport zu decken. Einige Familien hätten jedoch auch weniger bezahlt. Sie betonte, die Familien wollten die Kinder nicht adoptieren, sondern lediglich bei sich aufnehmen und betreuen.
Als Arbeitssklaven verkauft oder in die Prostitution gezwungen
Das Misstrauen der Behörden im Tschad hat handfeste Hintergründe. Schon seit Jahren schlagen Kinderschützer und Menschenrechtsgruppen Alarm. In zahlreichen afrikanischen Staaten sind Kinder Opfer von Menschenhändlern - als Arbeitssklaven verkauft, in die Prostitution gezwungen, als minderjährige Bräute zwangsverheiratet. Vor allem in Zentral- und Westafrika ist der Anteil des schmutzigen, aber lukrativen Geschäfts mit der Ware Mensch groß.
Erst vor wenigen Wochen vereitelten die Behörden in Nigeria einen Versuch, angebliche Adoptivkinder nach Europa und Nordamerika zu schmuggeln. Tatsächlich, so der Vorwurf, sollten sie an Pädophile verkauft werden. Doch auch wenn nur Mitleid und der Wunsch europäischer Eltern nach einem Kind im Spiel sind, sind afrikanische Behörden bei Auslandadoptionen vorsichtig: Zu hoch scheint ihnen für viele Kinder der Preis, wenn eine neue Familie zugleich kulturelle Entwurzelung und Desorientierung bedeutet.
29. Oktober 2007
DPA/AP/Reuters
*Titel, Fotos und deren Kommentar sind von uns: Bois-Caiman-Redaktion
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