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Europäer und Asiaten sollen 1-5% Neandertaler-Gene tragen *

Europäer und Asiaten sollen 1-5% Neandertaler-Gene tragen *

Neandertaler und menschliche Gendefekte

Leipzig – Die Neandertaler sind zwar vor 30.000 Jahren ausgestorben. Ein Teil ihrer Gene lebt einer Studie in Science (2010; 328: 710-722) zufolge jedoch weiter, wenigstens bei den heutigen Europäern und Asiaten. Einige Neandertaler-Gene haben heute Krankheitswert.

Das Ausgangsmaterial für die Sequenzierung wurde aus den Knochen von drei verschiedenen Neandertalern gewonnen, die in einer Höhle in Kroatien gefunden wurden. Die Schwierigkeit bestand weniger darin eine Kontamination durch das Erbgut der Untersucher zu verhindern, als das Ausgangsmaterial von der Genen jener Mikroben zu trennen, die sich seit dem Tod der untersuchten Neandertaler auf den Knochen angesiedelt hatten.

Die Trennung scheint weitgehend gelungen zu sein. Die Forscher konnten das Genom zu etwa 60 Prozent rekonstruieren, zu wenig um den Neandertaler zu klonen (wie Science versichert), aber genug, um Unterschiede zum heutigen Homo sapiens herauszuarbeiten.

Dabei konnte das Team um Svante Pääbo vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig auf die Genom-Daten von fünf heutigen Menschen zurückgreifen, darunter zwei aus Afrika. Die erste Überraschung war, dass die Neandertaler-Gene einige Übereinstimmungen mit den Genomen der Europäer und Asiaten, darunter einem aus Papua-Guinea hatten, die bei den beiden Afrikanern fehlten. Daraus errechnen die Autoren den Anteil von 1 bis 4 Prozent des Genoms, der von den Neandertalern an die heute Menschen „vererbt“ wurde.

Aus medizinischer Sicht interessanter sind die Unterschiede zum heutigen Menschen, die etwas über die jüngste Evolution erzählen. Eine größere Abweichung findet sich auf dem Chromosom 2 in der Nähe des Gens THADA, das den Energiestoffwechsel beeinflusst.

Vielleicht verschaffte dies dem damaligen Homo sapiens einen Konkurrenzvorteil. Heute wirken sich diese Gene eher nachteilig aus. Studien bringen sie mit einer vermehrten Anfälligkeit für einen Typ-2-Diabetes in Verbindung. Unterschiede gibt es auch auf dem Chromosom 21 im DYRK1A-Gen.

Beim Menschen ist es für die kognitiven Einschränkungen beim Morbus Down mitverantwortlich. Für den Neandertaler, so darf man spekulieren, könnte es einen weiteren Nachteil im Wettbewerb mit dem modernen Menschen bedeutet haben.
Ein ähnlicher Schluss drängt sich bei Varianten im Gen NRG3 aus, das beim Menschen mit der Schizophrenie assoziiert ist. Beim Neandertaler könnte es die Fähigkeit zu gemeinschaftlichen Handeln beeinträchtigt haben, was auch auf die Unterschiede in den Gen CADPS2 und AUTS2 zutrifft, die in die Pathogenese autistischer Störungen eingreifen.

Andere Gene erklären die Unterschiede im Körperbau. Hierzu gehört vermutlich RUNX2, das beim modernen Menschen mit einer cleidocranialen Dysplasie assoziiert ist. Kennzeichen sind Veränderungen im frontalen Hirnschädel, eine Hypoplasie der Schlüsselbeine und ein glockenförmiger Thorax. Die Forscher sehen hier Parallelen zum Skelett des Neandertalers.

Die Beispiele zeigen, dass kleine Unterschiede in der Genetik eine große Wirkung zeigen. Überhaupt wurden bisher nur in 83 von etwa 14.000 Proteinen Unterschiede entdeckt. In der genetischen Quantität sind sich Neandertaler, moderne Menschen und Primaten sehr ähnlich.
Die DNA von Neandertaler und Mensch stimmt zu 99,7 Prozent überein. Beide haben zu 98,8 Prozent die gleiche DNA wie der Schimpanse, was nur belegt, dass wenige Mutationen in der Evolution große Folgen haben können.

* Bois-Caiman-Redaktion

© rme/aerzteblatt.de

14.05.2010

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