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Wem nützt das "positive Bild" Afrikas? - Die Sorge der Afrikanischen Diaspora

Wem nützt das "positive Bild" Afrikas? - Die Sorge der Afrikanischen Diaspora

Vladislav Marjanovic*

Was findet man über Afrika in den etablierten Medien im Westen? Hauptsächlich dürftige Berichte über Kriegen, Krisen, Krankheiten und Hungersnot. Aber auch diese Bilder werden von einem noch schrecklicherem verdrängt: von Migranten. Sie kommen jeden Tag in ihren von brüchigen Booten. Viele von ihnen starben unterwegs, die anderen aber brechen bereits die Schutzwälle der Festung Europas und sind im fast jedem europäischen Land sichtbar und erzeugen Angst. Sie nehmen den Einheimischen ihre Arbeitsplätze weg, sie handeln mit Rauschgift, sie treiben Prostitution, bedrohen die Sitten. Man fürchtet bereits, dass Europa sich afrikanisiert und infolge dessen verfallen könnte, weil angeblich Migranten aus Afrika in ihrem Gepäck Barbarei und Anarchie schleppen.

Selbstverständlich wollen die afrikanischen Gemeinschaften im Westen dieses negative Bild von ihrem Kontinent und seinen Menschen korrigieren. Da sie sich inzwischen organisiert haben und auch eigene Medien besitzen, bemühen sie sich durch ihnen, der westlicher Öffentlichkeit zu erklären, dass es auch ein anderes Afrika gibt, ein Afrika von kreativen und erfolgreichen Menschen, denen es gelungen ist, in verschiedenen Lebensbereichen etwas zu leisten und dafür auch international anerkennt zu werden. Ebenfalls, wiesen sie darauf hin, dass in Afrika wesentlich weniger Kriege geführt werden als es früher der Fall war, dass der Friedensprozess im Vormarsch ist, dass die Demokratie sich etabliert hat und dass die Presse immer freier wird. Ihrer Meinung nach, sollte man solche Errungenschaften bei der Berichterstattung über Afrika in Vordergrund bringen. Andere Themen, die diesem positiven Bild schaden könnten, sind eher wie schmutzige Wäsche zu betrachten und eigene schmutzige Wäsche zeigt man der Öffentlichkeit nicht oder, zumindest, nicht unbedingt.

Diese „mediale Philosophie“ ist nicht neu. In den ehemaligen kommunistischen Staaten war das der Regel. Sogar den Kindern wurde in den Köpfen eingehämmert, dass man den Fremden stets ein „positives Bild“ über das eigene Land bzw. über das herrschende System darstellen muss. Das war nicht sehr schwer zu tun, weil die Medien die Richtlinien gaben. In den Zeitungen der kommunistischen Staaten konnte man ausschließlich positive Bilder finden: politische Referate über den gelungenen Errungenschaften bei der Durchführung von fünfjährigen Pläne, strahlende Arbeiter und Arbeiterinnen, Verleihung von Preisen an Vertretern der sogenannten „ehrlichen (d.h. parteitreuen) Intelligenzija“, Berichte über den Rekordertrag an irgendwelchem Kolchos, ein bisschen Sport und das war es. In kommunistischen Gesellschaften gab es keine Konflikte, ließen ihre Medien wissen, und wenn schon, dann nur nebenbei. Es sind die Geburtswehen der neu entstandenen Gesellschaft, wurde es damals offiziell erklärt. Wichtig ist der Schein…

Das positive Bild Afrikas und die globale Wirtschaft

In seiner Bemühung, Afrika positiv darzustellen, ist die Diaspora nicht allein. Um das negative Bild über Afrika in den westlichen Zeitungen zu ändern haben sich bei der Regionalen afrikanischer Vorbereitungskonferenz für den Weltgipfel über die Informationsgesellschaft die von 25. bis 30. Mai 2002 in der Hauptstadt Malis Bamako stattfand UNESCO, der frankophoner Fernseherkanal TV5 und der französische Sender Radio France International entschlossen zusammenzuarbeiten. Was hat sie dazu motiviert? Die professionelle Ethik?

Man könnte bereits daran denken. Aber am 13. April 2005 veröffentlichten 11 afrikanischen Staatschefs, die an den Afrikanischen Präsidentenrundtisch an der Universität Boston in den USA ihre Gemeinsame Erklärung in der stand, dass Afrika eine zentrale Bedeutung für die globale Wirtschaft hat. Deshalb richteten sie an den US Medien einen Ruf, um eine gerechte und ausbalancierte Berichterstattung über Afrika zu fördern. Ebenfalls wurde an afrikanischen Staaten und Institutionen wie Afrikanische Union appelliert, Strategien zu entwickeln, die gegen die negativen Darstellungen in den Medien über Afrika gegenüberzustellen. Endlich wurde den US NGOs empfohlen „neue Paradigmen zu entwickeln, um westliche und afrikanische Journalisten auszubilden, die dann die aufgehenden afrikanische Demokratien decken werden“. Dabei wurde es verlangt, bei den skeptischen und kritischen Kommentaren keine zynischen Bemerkungen zu machen und darauf zu achten, dass das Potential des Kontinentes sowie sein Fortschritt auch an das Tageslicht kommen soll.

Am 22. Mai 2005, anlässlich des 54. Kongresses des Internationalen Presseinstituts in Nairobi sagte der ruandische Präsident Paul Kagame ganz deutlich, dass: „Negativen Reportagen Hindernisse für die direkten ausländischen Investitionen in Afrika legen“. Diese Äußerung war schon kennzeichnend. Aus dem Hintergrund rückten beim Einsatz für die Darstellung eines „positiven Bildes“ von Afrika reine wirtschaftliche Interessen im Vordergrund. Das war bei der Tagung einer prominenten internationalen Institution, die sich als Wachhund der Pressefreiheit betrachtet aus dem Mund eines Staatschefs in dessen Land die Presse keinesfalls frei ist zu hören. O tempora, o mores! Das war aber nicht alles.

Wegen der negativen Darstellung Afrikas in der Welt, haben einige Teilnehmer an der Konferenz über die Medien in Afrika, die in August 2006 in Nairobi stattfand, afrikanische Journalisten als „innere Feinde ihres eigenen Kontinentes“ bezeichnet, weil diese bei keiner afrikanischen Regierung etwas Gutes gefunden haben! Um das zu ändern, wurden Programme für die Ausbildung von Journalisten empfohlen. Es wurde vorgeschlagen, dass die US Pointer und American Press Institute diese Programme durchführen. Die offiziellen US-Presseinstitutionen haben den Ruf…

In der Bekämpfung des „negativen“ Bildes Afrikas in der Öffentlichkeit hat sich auch die Afrikanische Union eingeschaltet. Zwar nicht allein, sondern gemeinsam mit der Europäischen Union. Am Ende des Forums „Media und Entwicklung“, die in der Hauptstadt Burkina Fasos Ouagadougou von 11. bis 13. September 2008 stattfand, wurde eine „Panafrikanische Beobachtungsstelle der Medien“ gegründet. Diese soll von „prominenten und anerkannten Personen, die für ihre Unparteilichkeit anerkannt sind“ besetzt. Außerdem, wurde von den afrikanischen und europäischen Staaten verlangt, solche institutionelle Rahmen zu schaffen, die den Medien, nicht nur Unabhängigkeit, Redefreiheit oder Rechte, sondern auch Pflichten garantieren würde. Von der Presse wurde verlangt, gegen die Stereotypen zu kämpfen und bei der Darstellung von Dokumenten und Texten, ihren Sinn nicht zu ändern. Ebenfalls soll sich die Presse von jeder Form der parteilichen Hetze, mit der Absicht Gewalt zu erzeugen enthalten. Schließlich, eine Charta über Rechten und Pflichten der afrikanischen und europäischen Medien soll demnächst ausgearbeitet werden.

Das Bangen um die Investoren

Es zeigt sich ein Trend, dass die Darstellung des positiven Bildes von Afrika von hohen internationalen Institutionen sanktioniert wird. Jean Ping, der Vorsitzender der Kommission der Afrikanischen Union hat diese Forderung mit dem Argument, dass das negative Bild Afrikas die potentiellen Investoren erschrecken wird. Diese Besorgnis scheint als Argument zu dominieren. Schon 2001 hat der frühere britische Premierminister Tony Blair darauf hingewiesen wie die negative Berichterstattung über Großbritannien wegen die BSE-Krankheit bei dem Vieh den britischen Tourismus geschadet hat. Man kann sich nur vorstellen, sagte er damals, was für Schaden das negative Bild Afrikas dem afrikanischen Tourismus erzeugen könnte. „Um das Vertrauen der Investoren zu erhöhen und ausländisches Kapital anzukurbeln, afrikanische Staaten sollen sich solchen Mitteln beschaffen, mit denen sie das negative Bild des Kontinentes energisch bekämpfen können“, schrieb am 25. Jänner 2005 der Direktor für die aufgehenden Märkte von „Pazisma Corporation“ aus Kanada Amevi Atiopu. „Die Änderung der Darstellung Afrikas könnte Investitionen und das Wachstum fördern und ebenfalls garantieren, dass die Geschäfte sich nie wie jetzt entwickeln“ behauptete die Direktorin des Internationalen Wirtschaftszentrums Patricia R. Francis in der Zeitschrift „Forum du Commerce International“ (Nr. 1/2007), einer Institution der Welthandelsorganisation und der UNO unterstellt ist.

Auffallend ist, dass die hochrangigen Befürworter der positiven Darstellung Afrikas vor allem Sorge um die Wirtschaft, um die Investitionen, um das Wachstum haben. Damit entsteht eine Situation, die sogar den Stellvertretenden Direktoren der Entwicklungsabteilung der Europäischen Kommission Bernard Petit zum Nachdenken gebracht hat. In seinem Aufsatz, der im: „The Courier. The Magazine of ACP and EU Cooperations and Relations“ vom 28. August 2008 veröffentlicht war, fragte sich Bernard Petit, ob Afrika wirklich eine neue Mediencharta braucht, ob die Pressefreiheit als Kriterium für die Gute Regierungsweise betrachtet werden kann und wie soll man gegen die Zensur kämpfen? Aufgrund seiner Überlegungen kam Bernard Petit zum Schluss, dass die Notwendigkeit Privatinvestoren anzuziehen, um die Unabhängigkeit der Medien und ihre Qualität zu erhöhen zu einer Abweichung führen könnte. Laut ihm könnten die Medien nämlich unter die Obhut der Privatinvestoren, deren Priorität nur die Rentabilität ist fallen. Dadurch könnte die Qualität der Information leiden, weil diese dem Spektakel- und Sensationalismusjournalismus ausweichen wird.

Idealisten oder Kollaborateure

Haben sich die Idealisten aus der afrikanischen Diaspora darüber Gedanken gemacht? Wenn Internationale Institutionen, Staatsmänner die seit langem die Demokratie im Namen des Marktes ausgeholt haben und die mit untertänigster Ergebenheit den Neuen Herrschern der Welt dienen, sowie „prominente“ Wissenschaftler die von Multinationalen Kompanien und dem politischen Establishment bezahlt sind, um ihre Interessen zu legitimieren sich so eifrig für die Herstellung eines „positiven Bildes“ von Afrika einsetzen geschieht das nicht deshalb, weil sie um ihr eigenes Bild zittern? Jede „negative“ d.h. kritische Darstellung der Ereignisse in Afrika droht ihre eigene Machereien auf dem Kontinent auf das Licht des Tages zu stellen. Deshalb ist ihr Einsatz für das Schaffen eines „positiven Bildes“ von Afrika nicht durch Wunsch um eine bessere Qualität der Information zu erreichen, sondern den Bedürfnissen einer politischen Propaganda unterstellt. Die Aufblähung jeder Errungenschaft in Afrika auf Mikroebene könnte als Rechtfertigung für die Richtigkeit der Anwendung von Maßnahmen der sogenannten Internationalen Gemeinschaft verwendet werden, obwohl sie sich auf Makroebene als Desaster entpuppen. Daher auch bemüht sich dieselbe Internationale Gemeinschaft, die Kontrolle über die Information über Afrika zu bekommen. Der Vorschlag über eine neue Charta der Medien in der Pflichte der Journalisten festgesetzt werden sowie die Bereitschaft sogar der Afrikanischen Union 106 Stipendien an jungen Journalisten zu vergeben, um sie „professionell“ ausbilden zu lassen, mit anderen Worten um Propagandisten zu bekommen, dient zu selbem Zweck. Von da an bis zur offenen Zensur, die international sanktioniert wird, braucht man nur einen Schritt zu machen. Leider, das geschieht bereits im Namen der Pressefreiheit.

Umso mehr muss man aber auch fürchten, dass idealistische Angehöriger der Diaspora diese Tatsache nicht durchblicken und deshalb umso leichter zu nützlichen Wegebegleitern der Einrichtungen, die Globalisierung befürworten herabgesetzt werden. Durch Erhaltung von einigen kleinen Funktionen in irgendwelcher staatlichen oder internationalen Institution, für ein Almosen für ihre Vereine und für einige Huldigungen in den offiziellen Medien steht der Weg zur Kollaboration offen und zwar gerade mit jenen Kräften, die der Entwicklung Afrikas am meisten schaden. Aber auch für die Schande, die deshalb über sie früher oder später auf sie deshalb fallen wird. Es könnte jedoch anders sein, wenn die Angehöriger der afrikanischen Diaspora im Westen gegensteuern werden. Denn bei der Informierung über Afrika geht es nicht um das Bild, sondern um Probleme, die sich verschlimmern, weil sie im Rahmen des herrschenden Weltsystems nicht gelöst werden können. Darauf muss man hinweisen und die Öffentlichkeit in- und außerhalb Afrikas ermuntern, sich für eine humanere und sozial gerechtere Gesellschaft einzusetzen. Haben sie aber dafür Mut und Kraft?

* Vladislav Marjanovic ist Leitender Redakteur von RADIO AFRIKA TV

27.12.08