von Reimar Paul
Ameyiza Koamivi Agos Assimewlui saß am Mittwoch abend vergangener Woche zufällig genau zu dem Zeitpunkt in einem Wettbüro in Hannovers Innenstadt, als Polizisten das Lokal zwecks einer Drogenrazzia betraten. Die Beamten nahmen einen mutmaßlichen afrikanischen Dealer fest und überprüften die Personalien weiterer Anwesender. »Ausnahmslos Schwarze«, wie ein Augenzeuge berichtet. Auch Assimewlui wurde kontrolliert und, da er nur eine Kopie seines Reisepasses dabeihatte, mit zur Polizeiwache in der Herschelstraße genommen. Die Fahnder hätten ihn zunächst verdächtigt, eine Kontaktperson des Dealers zu sein, sagte ein Polizeisprecher. »Er saß in der Nähe an einem Tisch.«
Assimewlui ist 29 Jahre alt, zweifacher Familienvater und stammt aus Togo. Was ihm auf dem Polizeirevier widerfuhr, habe er zuvor noch nicht erlebt. »Ruppig« sei er aufgefordert worden, die Kleidung auszuziehen. Als er den Grund dafür wissen wollte, hätten die Beamten keine Antwort gegeben. Nachdem er sich entkleidet und auf Drogen untersucht worden sei, sei er ausgelacht worden. Auch zu »Handgreiflichkeiten« sei es seitens der Polizisten gekommen.
Erst spät in der Nacht durfte Assimewlui gehen – genau um 1.30 Uhr. Der 29jährige verließ die Wache nackt und mit seinem Kleiderbündel unter dem Arm. Warum er sich vorher nicht anzog, bleibt unklar.
Am Hauptbahnhof bat Assimewlui Passanten, einen Rettungswagen zu rufen. Er habe Angst gehabt und Hilfe benötigt, sagt er. Statt der Ambulanz kam wieder die Polizei, sie brachte den Togolesen in die Medizinische Hochschule Hannover. Er habe einen »verzweifelten Eindruck« gemacht, bestätigten Ärzte. Die Polizei hat inzwischen Versäumnisse eingeräumt. Daß man nicht habe verhindern können, daß Assimewlui die Wache mitten in der Nacht nackt verließ, sei »ein Fehler« gewesen. Der Beamte, der den Afrikaner sich selbst überlassen habe, sei bereits versetzt worden.
Flüchtlingsinitiativen wollen die Angelegenheit aber nicht auf sich beruhen lassen. Sie riefen für den gestrigen Freitag abend zu einer Demonstration in Hannover auf. Der »rassistische Übergriff« auf Assimewlui sei »kein Einzelfall«, heißt es in einem Aufruf. Immer wieder gebe es solches Fehlverhalten der Polizei gegenüber Migranten und Flüchtlingen. »Die Beschwerden über rassistische Stereotype der Polizei häufen sich«, so der Niedersächsische Flüchtlingsrat. Doch die Polizei in der Landeshauptstadt will sich nicht an den Pranger stellen lassen und verweist auf eigene Projekte gegen Rassismus wie die gemeinsam mit dem Fußballverein Hannover 96 und Fangruppen initiierte Kampagne »spielend Toleranz üben«.
Dennoch wird Die Linke den Fall zum Thema im Landtag machen. »Es drängt sich förmlich der Verdacht auf, daß der betroffene junge Mann wegen seiner Hautfarbe derart unakzeptabel behandelt wurde«, erklärte die Abgeordnete Christa Reichwaldt. Sie fordert eine umfassende Aufklärung der Ereignisse. »Die Polizeispitze muß sich entschuldigen, und es muß ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden.«
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen