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Die Demokratische Republik Kongo kann ganz Afrika und die Länder der Europäischen Union ernähren

Die Demokratische Republik Kongo kann ganz Afrika und die Länder der Europäischen Union ernähren

von Joseph M. Kyalangilwa*

In mehreren bereits publizierten Artikeln wurde gezeigt, dass, wenn die Länder Afrikas ihre landwirtschaftlichen Möglichkeiten wirklich ausschöpften, sie die in grossen Mengen konsumierten Nahrungsmittel (Reis, Mais, Sorgho, Soja, Bananen, Maniok, süsse Kartoffeln, Palmöl usw.) mit Sicherheit nicht mehr aus anderen Kontinenten importieren müssten. Die Milliarden afrikanischer Öldollars flössen nicht mehr in die Taschen der Multimilliardäre jenseits des Atlantiks, sondern könnten für Aufbau und Entwicklung ganz Afrikas verwendet werden. Die Erdöl produzierenden afrikanischen Länder, die über wenig Ackerland verfügen, könnten ihrer Bevölkerung Nahrungssicherheit garantieren, indem sie zu niedrigeren Preisen absolut frische Nahrungsmittel aus denjenigen afrikanischen Ländern importierten, die über reiche landwirtschaftliche Ressourcen verfügen. Dieser wirtschaftliche Austausch würde die Entwicklung der einen und der anderen ermöglichen, ohne Rückgriff auf unmenschliche Konditionen, wie sie momentan den afrikanischen Regierungen von den traditionellen westlichen Geldgebern aufgezwungen werden.

Der Landwirtschaft muss Vorrang gegeben werden

Die Rohstoffvorkommen und die Erdölreserven werden eines Tages erschöpft sein, die Landwirtschaft nicht. Man sagt, regieren heisse vorausschauen. Demzufolge müssen die afrikanischen Regierungen, die verkünden, im obersten Interesse ihrer Länder zu handeln, ein Minimum von 25% des Staatshaushalts für die Landwirtschaft freistellen. Die Chinesen betonen immer wieder, dass es viel besser sei, ein Volk zu lehren, für sich selbst zu sorgen, als unnötig Zeit zu verlieren, indem man es punktuell mit Hilfe von aussen versorgt. Deshalb sollten bei der Nominierung von Ministern für Landwirtschaft, Fischerei und ländliche Entwicklung nicht nur deren unternehmerische Fähigkeiten, sondern auch ihr Fachwissen und ihre Erfahrung im Bereich der Landwirtschaft berücksichtigt werden. Die Zeit der zuckersüssen, unterhaltsamen Reden afrikanischer Politiker, die seit über 40 Jahren nur den falschen Versprechungen der westlichen Geldgeber und internationaler Organisationen Rechnung tragen, ist vorbei. All diese Versprechen haben nie zu Resultaten geführt, die die Bevölkerung der afrikanischen Länder befriedigt hätten, und werden auch nicht dazu führen. Doch auch diese Völker haben das Recht auf Nahrungssicherheit und auf eine friedliche Entwicklung von innen heraus.

Zentralafrika verfügt über viel Ackerland

Die Demokratische Republik Kongo verfügt heute über 80 000 000 ha bzw. 800 000 km2 Ackerland und steht diesbezüglich weltweit direkt hinter Brasilien. Sie wäre in der Lage, zwei Milliarden Menschen zu ernähren, was ganz Afrika (918 014 166 Einwohner) und Amerika (902 157 549 Einwohner) oder Afrika und Europa (734 129 205 Einwohner) und Ozeanien (33 594 581 Einwohner) entspräche.

Die Demokratische Republik Kongo ist eines der Länder Zentralafrikas. Gemäss der Resolution Nr. CM/Res. 464 (XXXVI), die am 23. Februar und am 1. März 1976 von der Afrikanischen Union verabschiedet wurde, setzt sich die Region Zentralafrikas aus folgenden Ländern zusammen: 1. Kamerun, 2. Zentralafrikanische Republik, 3. Kongo Brazzaville, 4. Demokratische Republik Kongo, 5. Gabun, 6. Äquatorialguinea, 7. Sao Tomé und Principe und 8. Tschad. Diese Länder verfügen über riesige Wälder, die entlang des Flussbeckens des Kongo wachsen und speziellem weltweitem Schutz unterstellt sind. Die folgende Tabelle gibt Auskunft über die Fläche der acht Länder und den Anteil an genutztem Ackerland. (vgl. Tabelle 1)

Aus der Tabelle 1 geht deutlich hervor, dass, mit Ausnahme Kameruns, die Fläche des genutzten Ackerlandes aller anderen Länder Zentralafrikas im Verhältnis zu deren Gesamtfläche, die vorwiegend mit tropischem Regenwald bedeckt ist, verschwindend klein ist. In Anbetracht des Bevölkerungswachstums (die Bevölkerung Zentralafrikas verdoppelt sich alle zwanzig Jahre und besteht zu 67% aus unter 18jährigen) ist es dringend notwendig, dass jedes Land dieser Region 15% seines Bodens zu nutzbarem Ackerland macht. Die folgende Tabelle zeigt die Flächen des im Moment bebauten Ackerlandes und diejenigen, die in naher Zukunft genutzt werden können. Was die Demokratische Republik Kongo betrifft, macht das Ackerland 80 000 000 ha oder 800 000 km2 aus, also 34,115% der Gesamtfläche des Landes. (vgl. Tabelle 2)

Mit dem bis 2018 nutzbar gemachten Ackerland wird Zentralafrika in der Lage sein, die Nahrungssouveränität für seine Bevölkerung, dann etwa 150 000 000 Einwohner, zu garantieren und zusätzliche 2 Milliarden Menschen zu ernähren. In dieser Periode wird die Demokratische Republik Kongo erst 35,2 Millionen seiner 80 Millionen ha Ackerland genutzt haben.

Länder des Westens, die über den sukzessiven Rückgang der Erdölproduktion beunruhigt sind, beabsichtigen, die Produktion von Biotreibstoffen zu intensivieren. Die Länder, die auf Grund ihrer landwirtschaftlichen Möglichkeiten dafür ins Auge gefasst werden, sind Brasilien und die Demokratische Republik Kongo. Die Regierung der Demokratischen Republik Kongo muss ab sofort wachsam bleiben und muss mit allen Mitteln vermeiden, sich durch die verlockenden Angebote von Milliarden von US-Dollars blenden zu lassen, die die Investoren bringen, um Lizenzen für die Nutzung von Millionen von Hektaren Ackerland zu erwerben, um dort Palmöl zu produzieren, das dann zu Bio­treibstoff verarbeitet wird. Solche Investitionen sind nicht grundsätzlich abzulehnen, aber es kommt nicht in Frage, dass dafür Flächen im tropischen Regenwald freigegeben werden. Das Land besitzt bereits enorm grosse Flächen an nutzbarem Ackerland, das im Moment brachliegt. Der Diktator Mobutu hatte es 1974 im Rahmen der Verstaatlichung von Ländereien ­Politikern aus seinen Reihen zugeschanzt. Diese haben es aber mangels Erfahrung vernachlässigt und schliesslich ganz verlassen.

Man wird beipflichten, dass die Demokratische Republik Kongo es nicht versäumt, ihre Bevölkerung zu ernähren. Die im Ackerbau tätigen Bauern fahren fort, Nahrungsmittel zu produzieren, aber 1984 zum Beispiel verfaulten ihre Produkte, weil Verbindungs­strassen fehlten, auf denen die Lebensmittel in die Konsumzentren hätten transportiert werden können. Diese isolierte Lage der ländlichen Anbaugebiete leistete der Unsicherheit Vorschub und führte dazu, dass die Landbewohner in die Städte abwanderten.

1980 lebten mehr als 80% der kongolesischen Bevölkerung innerhalb des Landes von Unterstützung. Die Landesregierung muss schwerpunktmässig in die nationale Infrastruktur investieren und alles tun, um die landwirtschaftlichen Transportwege, in der Regel Naturstrassen, die innert nützlicher Frist instand gesetzt werden können, zu allen Jahreszeiten passierbar zu machen. Dann werden die Leute mit Sicherheit aus der Stadt wieder aufs Land zurückkehren. Als Beispiel sei die Wiederherstellung der Verkehrsachse Bukavu–Kasongo über Mwenga–Kamituga erwähnt, die leider 150 km vor Bukavu noch ihrer Fertigstellung harrt. Viele Bewohner Bukavus erwerben aber bereits Parzellen und zur Nutzung freigegebenes Landwirtschaftsland längs dieser Strasse. Sie bauen dort Wohnhäuser, Läden und bald auch Fabriken zur Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte (Öl, Reis, Getreide), aber auch Hotels und Restaurants mit ländlicher Küche, usw. Dasselbe gilt für die kürzlich eröffnete Verkehrsachse in der Äquator-Provinz. Die Bewohner von Lubumbashi (Katanga) hingegen beklagen einen Mangel an Mais, während Tausende von Tonnen Mais im Distrikt Tanganyila verfaulen. Die Ursache ist überall dieselbe: fehlende Transportwege für die landwirtschaftlichen Produkte. Die Minister für Landwirtschaft, Verkehr und Infrastruktur, Tiefbau und Wiederaufbau müssen etwas unternehmen, damit die Bauern nicht entmutigt aufgeben. Die Demokratische Republik Kongo darf nicht als Land betrachtet werden, das nicht in der Lage ist, sich selber zu ernähren.•


*Joseph M. Kyalangilwa ist Präsident des Great Lakes Forum International (Schweiz)